Ausgabe 21/2008: 36 Autohaus 21/2008

36 Autohaus 21/2008Geely / Die China-Marke will vor einem Startin Europa ihre Hausaufgaben machen.Warming-upVon Hans-Peter HauerSeit Jahren wird über den Markt-eintritt von Geely in Europa spekuliert. In Deutschland ist eine mögliche Kooperation mit der AVAG-Gruppe (Augsburg) im Gespräch. AUTOHAUS sprach mit Jie Zhao, Vize-Präsident der Zhejiang Geely Holding Group.AH: Herr Zhao, wie konkret sind Ihre Pläne für den europäischen bzw. deutschen Markt? Zhao: Wir haben zurzeit weder für Deutschland noch für andere Länder in Europa konkrete Pläne. Unsere Produkte sind noch nicht bereit für den europäischen Markt. AH: Was macht den europäischen Markt für Geely so schwierig?Zhao: Unsere Modelle sind vom Konzept und Design her für Europa interessant, in Bezug auf Sicherheit und Umweltschutz liegen die EU-Standards zurzeit aber noch höher als in China. Ehe wir konkrete Pläne für Europa entwickeln, warten wir ab, welche neuen Umweltstandards in Europa beschlossen werden und in welchem Zeitraum sie umgesetzt werden müssen.Vorbereitung auf EuropaAH: Wie bereitet man sich bei Geely auf diese Herausforderung vor?Zhao: Bei Geely arbeiten 1.800 Ingenieure, das sind 20 Prozent aller Mitarbeiter. Was wir umsetzen, stammt alles aus eigener Forschung. In der Planung sind zurzeit 20 neue Modelle mit Motoren von 1,0 bis 2,5 Liter Hubraum, Benziner und Diesel, Fahrzeuge mit Erdgas- und mit reinem Elektroantrieb. Alle Geely-Modelle erfüllen die EURO 4-Vorgaben, als nächstes Ziel haben wir die EURO 5 für alle Motoren in der Planung. Die Marke Geely steht zurzeit für kleine Autos, deshalb sind auch die Verbräuche niedrig. Im Vergleich mit anderen chinesischen Herstellen liegen wir da vorne, im direkten Vergleich schneiden wir im Test sogar besser ab als der in China angebotene Toyota Corolla. Im Crashtest bekamen alle Geely-Modelle 4 Sterne, die höchste Punktzahl, die in China vergeben wird, und im NCAP-Test erreichte Geely die besten Werte für Fahrzeuge aus chinesischer Produktion. Bei einem Export nach Europa werden die Geely-Modelle auch dort zum Crash-Test geschickt und die Standards entsprechend angepasst. Dabei ist ABS auch in China schon Standard, für Europa wird es dann auch ESP sein.AH: Wird Geely 2009 auf der IAA vertreten sein?Zhao: Wir haben die IAA für 2009 fest eingeplant. In Frankfurt werden wir wieder der größte chinesische Hersteller sein.AH: Welche Positionierung hat Geely auf dem Automobilmarkt in China?Zhao: Wir liegen zurzeit im Ranking auf Platz 7. Von den rein chinesischen Herstellern liegt aber nur Chery vor uns. Chery ist 2007 sehr schnell gewachsen, musste aber 2008 bereits wieder Einbußen hinnehmen. Die ersten fünf Plätze gehen seit Jahren an die starken internationalen Jointventures unter der Beteiligung von Volkswagen, Audi, GM, Toyota und Honda.Unser Marktanteil in China liegt zurzeit bei fünf Prozent, bis 2013 wollen wir ihn auf zehn Prozent verdoppeln. Im Augenblick steht die Marke Geely überwiegend für preiswerte Autos. Die Modellpalette wird aber auf das Luxussegment erweitert. Wir werden alle drei Monate ein neues Modell auf den Markt bringen. 2009 starten die Baureihen Geely NL (SUV) und GC (Limousine), 2010 der Geely GL (Van) und 2011 folgt dann noch ein MPV. Bereits in 40 Ländern aktivAH: Wie sind Ihre Verkaufsziele?Zhao: Im letzten Jahr konnten wir rund 200.000 Fahrzeuge absetzen, für 2008 sind 240.000 Autos das Ziel. Im ersten Halbjahr 2008 lagen wir bereits deutlich über Plan. Unser Fernziel für 2015 sind zwei Millionen Autos jährlich.AH: Wohin exportiert Geely heute?Zhao: Wir sind zurzeit in 40 Ländern mit drei Modellreihen vertreten. Unsere wichtigsten Auslandsmärkte sind die Ukraine, Russland, Venezuela, Ägypten und Süd-Afrika. Im November starten wir in der Türkei. Das war es aber dann vorerst mit einer Expansion in Richtung Westen.AH: Wie schätzen Sie das künftige Wachstum für den Automarkt China ein?Zhao: Mit 24 Prozent Wachstum hat der chinesische Markt in den letzten Jahren einen einzigartigen Boom erlebt. Jetzt ist es Zeit für Konsolidierung. 2008 erwarten wir nur noch 12 Prozent. Da aus dem Ausland immer mehr Modelle auf den Markt drängen, wird das Geschäft für die chinesischen Hersteller zunehmend härter.AH: Hätte das indische Billigauto Tata Nano eine Chance in China?Zhao: Über den Preis werden auf dem chinesischen Markt alle Autos akzeptiert, auch Modelle aus Schwellenländern wie Indien. Aber nur in Indien wird wohl der Nano in der jetzigen Form voll akzeptiert. In China wächst das Bewusstsein für Sicherheit, Verbrauch, Komfort und Umweltverträglichkeit. Eine Anpassung des Nano an diese Wünsche wird den Preis stark nach oben verändern. Und dann trifft der Nano auf Konkurrenten, z. B. den VW Polo, die in Bezug auf Image, Sicherheit und Umwelt besser positioniert sind. Auch in China ist man zunehmend bereit, für diese Faktoren etwas mehr Geld auszugeben.

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