HB ohne Filter vom 3. Februar 2012
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Datum:
03.02.2012Heute mit den Themen: GVO-Wirkungen 2010 ff, Winterschlussverkauf, CRM – die wirkungsvolle Erfolgsstrategie?, Die Welt von Ford, Abschied von der Normalität.
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30. Januar - Montag
GVO-Wirkungen 2010 ff.
Zu tief sitzt der Stachel der GVO 2010, bei der die EU-Kommission ihr eigenes Regelungswerk aus dem Jahre 2002 kurzerhand beiseite schob und damit quasi sämtliche Händlerschutzrechte ab 31. Mai 2013 an den Nagel hängt. Bitte, das EU-Parlament hat diese Tabula-rasa-Gebärde in einer achtseitigen Resolution am 27. April 2010 verworfen. Was ist das für ein Demokratieverständnis, wenn das Parlament einstimmig eine "Regierungsentscheidung" ablehnt und die hohen Herren Kommissare sich einfach darüber hinwegsetzen? Brüssel lapidare Antwort: Die neue Entscheidung passierte auf Basis einer durchgeführten Marktanalyse. Wer diese Analyse kennt, kann nur staunen ob deren Weltfremdheit. Es geht Brüssel in der GVO 2010 um den Schutz des Wettbewerbs; Händlerschutz sei aber Sache der nationalen Mitgliedsstaaten.
Der Schutz der Händler werde durch den "Code of Conduct" des ACEA (Europäischer Automobilhersteller-Verband), der Selbstverpflichtung der Hersteller/Importeure, sichergestellt. Und was lässt sich hier zur Stunde feststellen? Einzig die ordentliche Händlervertrags-Kündigungsfrist von zwei Jahren sowie eine Schlichtungsvereinbarung für den Fall von Meinungsverschiedenheiten lassen sich bislang ausfindig machen. Das war es dann schon. Eigentlich ist mal wieder nichts passiert, und die Handelsverbände nehmen das schweigend zur Kenntnis. Der CECRA (Europäischer Händlerverband) hat zwar einen eigenen "Code of Conduct" erstellt. Der liegt aber beim ACEA irgendwo in der Ablage. Oder anders: Der ACEA ist auf diesem Ohr taub. Klar, Herr Marchionne hat als ACEA-Präsident derzeit wahrlich andere Prioritäten. Nochmals, Brüssel hatte mit der GVO 2002 stets die Sicht der Konsumenten im Fokus und nicht die einseitige Dominanz der Hersteller. Wer da wohl die Kommissare in Brüssel politisch gefügig gemacht hat? Das ist keine Unterstellung, sondern Faktum! Es ist ein Beispiel mehr, wie Politik nach und nach systematisch gekauft wird. Die "Grüne Woche" hat dies aktuell auch für die Lebensmittelindustrie gezeigt, sonst wäre längst die Ampelkennzeichnung für Lebensmittel möglich. Oder man halte sich die Pharmaindustrie vor Augen: Weshalb sind viele Medikamente in Deutschland um 30 Prozent teurer als im benachbarten Ausland? Es wird überall geschröpft. Und dann wundern sich die Herren Politiker, dass heute die Nichtwählerpartei größer ist als die vereinigten demokratischen Kräfte! Eine bedenkliche Entwicklung.
Die EU-Kommission hebt den Zugang von Fremdwerkstätten zu den autorisierten Werkstatt-Netzen hervor. In der GVO 461/2010 findet sich aber dazu keine Regelung. Wohl in den Leitlinien. Genau das aber schafft Rechtsunsicherheit. Diese überträgt sich auf die Möglichkeit, dass bei den neuen Händlerverträgen ein Vertragspartner den Vertriebsvertrag zurückgeben und sich auf einen Servicevertrag zurückziehen konnte. Eine BGH-Entscheidung vom März 2011 begünstigt aber eine andere Vorgehensweise. Diverse Hersteller/Importeure machen bei ihren Vertragspartnern deutlich: Entweder du steigst in einen Händlervertrag ein oder du scheidest ganz aus der Organisation aus. Einen Servicevertrag allein erhältst du nicht! Wir werden dieses Thema separat aufgreifen.
Die Marken Opel, Toyota, Peugeot, Citroen, Ford, Hyundai, Mazda, Jeep, Lancia, Chrysler, Jaguar Land Rover, Suzuki und Volvo haben die Händlerverträge in 2011 gekündigt bzw. die große Mehrheit hat ihre Verträge angepasst. Tendenziell lässt sich sagen, dass die Standards für das einzelne Autohaus angezogen wurden. Neue Verträge gingen i.d.Regel auch mit neuen Margenregelungen einher, die vielfach künftig modellspezifische Komponenten sowie eine spezielle Eroberungsprämie vorsehen. Die Regelungen für Standards wie für Margen wurden in den Anhang des Händlervertrages geschoben und können damit Jahr für Jahr variabel zum Einsatz kommen, sprich verändert werden. Damit hat der Handel eine wichtige weitere Rechtsbastion aufgegeben.
Die GVO 1400/02 wäre in diesem Jahr zehn Jahre alt. Sie eröffnete damals die Möglichkeit für den Mehrmarkenhandel. Eine gigantische Wandlung. Davon machten in Folge nun zahlreiche Händler Gebrauch. Zum 1. Juni 2013 steht dann die Mutation zum markenbildenden Ausstellungsraum an. Exklusivität! Wir werden sehen, wie viele Maurer zur Abgrenzung der Markenexklusivität zum Einsatz kommen werden. Empfehlung: Schauen sie sich dann zuerst größere Handelsgruppen an, die mehrere Marken unter einem Dach halten. Wie wird diese Thematik dort gelöst? Das Musterhaus steht in Stuttgart, in Form der Schwabengarage. Dort stehen zur Stunde 17 Marken unter einem Dach. Direkt gegenüber von "Stuttgart21". Da kommt Freude auf. Man kann von Vorbildern nur lernen!
AUTOHAUS wird in den Fragen zum "Code of Conduct", den Serviceverträgen sowie der Umsetzung der Markenexklusivität am Ball bleiben. Mit großer Erwartung sehen wir dem einst für Juni 2011 angekündigten "EU-Frage-Antwort-Katalog" zu einschlägigen Themen der GVO entgegen. Er soll jetzt Ende Februar 2012 vorliegen.
31. Januar - Dienstag
Winterschlussverkauf
Ist billig gut oder schlecht? Ist billig gar böse? Diese Fragen wird ein Besserverdiener anders beantworten als "einfache Leute". Ob Schlecker, Aldi & Co.: Sie verstehen es, Lieferanten zu drücken und Mitarbeiter, vor allem Verkäuferinnen, gerade mit dem Nötigsten auszustatten. Davon profitieren auch jene Bessergestellten, die sich den Champagner aus dem Aldi-Regal holen oder auch gelegentlich H&M-Klamotten kaufen und damit fernöstliche Näherinnen „unterstützen“ und in China eine neue Mittelschicht aufkommen lassen.
Ohne Frage ermöglicht die Marktwirtschaft eine gigantische Vielfalt im Angebot. Sie hat vieles für den Konsumenten bewirkt. Und die Industrialisierung, sei es in der Landwirtschaft, im IT-Sektor, in der Automobilwirtschaft u.a., hat Vieles für Viele erst ermöglicht. Die Globalisierung versucht nun, ärmere Regionen mit mehr "Wohlstand" auszustatten. Damit fühlen sich alle etwas reicher. Und dennoch leben wir in Deutschland die Kultur, dass jeder auf den Preis und dann erst auf die Qualität schaut. Selbst bei Lebensmitteln. Wenn aber eine Ware immer billiger wird, dann verliert sie an Wertschätzung. Qualität wird zwangsläufig zur Nebensache. Ergo: Billig untergräbt den Wert einer Sache.
Fazit: Es ist zu einfach, Billig-Konsumenten zu verurteilen. Umgekehrt gilt gleichermaßen: Etwas mehr vom Guten ist besser als Mittelmaß in Massen.
1. Februar – Mittwoch
CRM – die wirkungsvolle Erfolgsstrategie?
Das Ziel von CRM liegt in der langfristigen Bindung von Bestandskunden sowie der Rückgewinnung von ehemaligen Kunden. Die Kunden- und Bedarfsorientierung steht im Vordergrund. Kundendifferenzierung statt Gleichbehandlung. Es sind in Folge regelmäßige, bedarfsgerechte Aktionen zu fahren. Sämtliche Kundenkontakte – Brief Email, Fax, Telefon etc. – sind zu dokumentieren. Steinaecker erläutet, nach welchen Kriterien und Methoden Kunden bewertet werden können. Ein weiteres Thema ist die Verknüpfung der Kundendaten aus den verschiedenen IT-Tools im Autohaus. Schritt für Schritt zeigt Steinaecker auch die Vorgehensweise bei der Einführung von CRM im Automobilhandel auf.
Steinaecker über die Nutzenaspekte von CRM: "Über CRM gelingt die ganzheitliche Kundensicht über alle Standorte und Bereiche. Es sind automatisierte Kunden-Mailings möglich, von der HU, Reifenservice bis zum Auslaufen von Garantien, Finanzierungsvereinbarungen usw. Endlich wird eine Erfolgskontrolle von Kampagnen ermöglicht. Oder denken sie an die Überprüfung des Margenmodells des Herstellers. Es gelingt ferner eine vereinfachte Markt- und Potentialauswertung. CRM ist also der Klebestoff zwischen dem Autohaus und seinen Kunden."
2.Februar – Donnerstag
Die Welt von Ford
Es ist bemerkenswert, was Ford-Konzernchef Alan Mulally als Sanierer seit 2006 von Dearborn aus für den Konzern bewegt hat. Von der "One Ford-Strategie" bis zu "One World" (hohe Gleichteilequoten) im Einkauf, über den Verkauf der britischen Nobelmarke Aston Martin in 2007, den Verkauf von Jaguar und Land Rover 2008 an den indischen Tata-Konzern bis hin zum Verkauf von Volvo an den chinesischen Geely-Konzern. Nicht zuletzt hat er die Produktion von Mercury eingestellt. Ebenso Doppelentwicklungen für die USA und Europa.
Nachdem Ford im "großen Jahr" 2009 nicht pleite ging und ohne Staatshilfen auskam, setzte man damit in Amerika eine neue Benchmark. Da stand Ford mit 30 Milliarden Dollar in der Kreide. Heute sind es noch 13 Milliarden. 2011 wurde ein Jahresgewinn von 15,2 Milliarden Euro eingefahren. Dabei stammen zwölf Milliarden aus einem Buchhaltungseffekt bei Steuern. In Europa gib es allerdings ernsthafte Probleme. Aber nicht nur für Ford. Der europäische Markt schrumpft seit vier Jahren.
Ford fuhr in Europa 2011 einen Verlust von 21 Millionen Euro ein. Dieser stellte sich vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2011 ein. Ford verkaufte weltweit in 2011 5,7 Millionen Autos. Mulally will Ford wieder in die Top-Liga führen und 2015 sage und schreibe acht Millionen Fahrzeuge verkaufen. Das soll vor allem über den asiatischen Markt gelingen. Das ist eine Kampfansage an GM, Volkswagen und Toyota. Für Europa konnte in 2011 der Volkswagen-Konzern seinen Marktanteil auf 23,2 Prozent anheben. Volkswagen als Einzelmarke liegt bei 12,4 Prozent. Es folgt Ford mit acht Prozent Marktanteil auf Platz 2, dann Renault mit 7,8 Prozent und Opel mit 7,1 Prozent. BMW liegt bei 4,7 Prozent, MB bei 4,4 und Fiat sinkt auf einen Marktanteil von 5,1 Prozent. Audi stieg auf fünf Prozent! Ob der deutsche Markt die Ford-Malaise 2012 in Europa retten kann?
3. Februar – Freitag
Abschied von der Normalität
Gagen! Wer arbeitet für welches Geld? Lassen sich mich mal an dieser Stelle den Neidfaktor schüren! In der Bundesliga spielen 524 Profis. Durchschnittliche Jahresgage: 1,48 Millionen Euro. Der Bundesliga-Schiedsrichter kassiert dagegen als "Spielleiter" pro Spiel 3.700 Euro, für ein Champion-League-Spiel 5.200 Euro. Werfen wir einen Blick auf die Vortragskünstler. Danach – so wird verlässlich geschätzt –, kassieren für einen Vortrag:
Bill Clinton, legendärer US-Präsident: 250.000 Euro
Kofi Annan, ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen: 150.000 Euro
Altbundeskanzler Gerhard Schröder, (SPD – soziale Partei): 75.000 Euro
Anke Engelke, Show-Künstlerin: 40.000 Euro
Hans-Dietrich Genscher, 18 Jahre lang Außenminister: 30.000 Euro
Der ehemalige Steinewerfer, Außenminister und heutige BMW-Berater Joschka Fischer: 25.000 Euro
Tagesthemen-Moderator Tom Buhrow: 20.000 Euro
Peer Steinbrück, der ehemalige Finanzminister (SPD, soziale Partei): 20.000 Euro
Hans Olaf Henkel, Ex-IBM-Chef: 15.000 Euro
Es geht alles solange gut, bis es schiefgeht. Wo bleibt das Maß? Die Verhältnismäßigkeit? Der Lateiner sagt: Ne quid nimis! Nichts im Übermaß!
Spruch der Woche:
"Im Straßenverkehr spiegelt sich unsere hektische Gesellschaft wider. Es wird Zeit, dass diese höher-schneller-weiter-Mentalität entschleunigt wird. Erst dann wird es zu deutlich weniger Unfällen kommen." (Roman Buhl – zum Verkehrsgerichtstag Goslar)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Karl Schuler
K. Wempe
Alexander Schaeffer
E.Kühlwetter (wallibelli)
Martin Fehringer
Karl Schuler
Jesko Gullen
Pölderl R.