HB ohne Filter vom 26. Juni 2009
präsentiert von

Datum:
26.06.2009Heute zu den Themen: Neue Margensysteme, Weller-Gruppe im Rückwärtsgang, Insolvenznachrichten, Anzeigenvorschläge der Hersteller und Honda mit Ökoprofil
Steigen Sie ein in die Diskussion! Am Ende des Beitrags finden Sie den Button "Kommentare". Klicken Sie darauf und kommentieren Sie Prof. Brachats Kommentar.
22. Juni – Montag
Neue Margensysteme. Der Hersteller bzw. Importeur bestimmt über die Gestaltung der Marge das Einkommen des Handels. Seit 1991 arbeitet die Kfz-Branche neben der fixen Grundmarge, die heute im Schnitt bei elf Prozent liegt, mit variablen Margen-Bestandteilen. Die variablen Faktoren sind in quantitative und qualitative Elemente aufgetrennt und machen rund siebn Prozent aus. Die Branche erhält also im Schnitt auf Neufahrzeuge eine Gesamtmarge von 18 Prozent.
Nachdem diese "Gage" nicht ausreicht, wurden mit den Jahren weitere Zusatzvergütungen, meist in Form von Prämien, eingeführt. Beispiele: Rabattaktionen, Direktrabatte, Sondermodelle, Ausstattungspakete, Tages- bzw. Kurzzulassungen sowie Sonderzulassungen zum Monatsende, Lagerwagenprämien, Gebrauchtwagen-Hereinnahmeprämien, Sonderkonditionen für Kfz-Versicherungen, Eroberungsprämien, Leasing- bzw. Sonderzinsen, subventionierte Flatrates u.a. Selbst mit diesem Prämien-Sammelsurium erwirtschaftete der markengebundene Automobilhandel 2008 eine Negativrendite von 0,6 Prozent. Außerdem konnte mit all den genannten Zaubermitteln die Wurzel allen Übels, das unsägliche Nachlassverhalten im Handel, nicht reduziert werden. Das Thema Restwert-Provision wird immer noch völlig ausgeklammert. Im Gegenteil, die Hersteller treten über eigengesteuerte dritte Vertriebskanäle mehr und mehr als Wettbewerber ihrer eigenen Händlerschaft auf und wälzen das gigantische Nachlassrisiko aufgrund überzogener "Unverbindlicher Preisempfehlungen" auf ihre "Partner" ab.
Die besten Verkaufsrenditen erzielen derzeit die "Laptop-Händler", die sich über das Internet (international) die Schnäppchen namens Dienstwagen, Werkswagen, Mietwagen-, Leasingrückläufer u.a. besorgen. Und das ohne jegliche Vorgaben bzw. Abnahmeverpflichtungen. Derweil überlebt der Handel aufgrund der Quersubvention durch den Service und hat dort Stundenverrechnungssätze in Ansatz zu bringen, die alles andere als Kundenzufriedenheit schaffen. Wer gerade für dieses Jahr die Perversion der Kundenzufriedenheitsmarge ansieht – sie macht im Branchenschnitt rund ein Prozent aus – sollte sich vehement dagegen wehren. Ein Prozent Kundenzufriedenheitsmarge entsprechen beim normalen Volumenauto rund 200 Euro. Das macht bei 100 Neuwagenverkäufen immerhin 20.000 Euro aus. Aufgrund der Abwrackprämie verzögern sich nicht nur bei Toyota zugesagte Liefertermine. Der Kunde wollte beispielsweise nächste Woche mit dem neuen Wagen seinen Jahresurlaub antreten. Lieferverzögerung um zwei Monate! Jetzt hat sich der Händler bzw. der Verkäufer als Hiob zu betätigen und muss derzeit in 50 Prozent der Fälle neue Auslieferungstermine ankündigen. Da kleben die dreisten Werksknechte immer noch an ihrer Ein-Prozent-Regelung. Auch hier ist der ZDK gefordert, diesen unwägbaren Margenbereich Kundenzufriedenheit endlich juristisch prüfen zu lassen. Dann gibt es diverse Marken, bei denen die Erträge aus der Endabrechnung der Boni aus 2008 heute noch nicht auf den Händlerkonten sind. Untragbar!
Fazit: Ein ideales Margensystem lässt sich nicht einmal im Ideal konstruieren. Aber die Begrenzung von Auswüchsen, von Sinnlosigkeiten sollte man dringlich beschneiden. Margenziel: Die Forderung von zwei Prozent Umsatzrendite im Handel allerdings steht!
23. Juni – Dienstag
Weller-Gruppe im Rückwärtsgang. Das ist eigentlich nicht die Machart des immer vorwärtsdrängenden und Branchenrekorde brechenden Burkhard Weller, indem er – wie heute angekündigt – all seine Toyota-Häuser in Berlin entweder an seinen Wettbewerber Detlef Slupinski von der Motor Company Berlin verkauft bzw. das Flagshipstore "Berlin-Zentrum", Europas größtes Toyota-/Lexus-Autohaus, ein 20-Millionen-Investment, schließt. Weller: "Wir betreiben hier eine zukunftsorientierte, mit dem Hersteller abgestimmte Marktregelung." Weller wird sich mit Markus Schrick, dem ehemaligen Toyota-Geschäftsführer Deutschland die Frage gefallen lassen müssen, ob die Berlin-Strategie 2006 ff. von ihm wie von Toyota überhaupt Aussicht auf Erfolg haben konnte? Schließlich waren mit der Motor Company Berlin und der Levy-Gruppe bereits zwei starke Partner vor Ort im Geschäft.
Offensichtlich ist es Weller aufgrund des finanziellen Berliner Überengagements und der gesamten Marktentwicklung von Toyota nicht gelungen, sich gegenüber den vorhandenen Wettbewerbern durchzusetzen. Da wird nun auch Toyota kräftig bluten (müssen). Wie bereits in der vergangenen Woche sei an dieser Stelle nochmals festgestellt: Derzeit stehen mehr große Automobilhändler mit dem Rücken zur Wand als kleinere und mittlere. Zahlreiche "Große" werden über monetäre Liquiditätsströme kräftig beatmet. Es werden also selbst geniale Automobilhändler wie Burkhard Weller von der Krise kräftig durchgerüttelt und finanziell gefordert.
24. Juni – Mittwoch
Insolvenznachrichten. Woche um Woche erreichen uns markante Insolvenznachrichten. In AUTOHAUS 11 berichteten wir über die Kroymans-Pleite und wollten die Hintergründe dafür ausleuchten. Von allen Seiten erhielten wir nur Dementis. Von den Herstellern selber wollte sich ohnehin keiner äußern. Der Blamage wegen!
Vergangene Woche ging das Luxuswagen-Traditionshaus Auto König, sprich Rüdiger Czakert, ein Könner, in die Knie. Wir stellen die Frage nach dem Warum? Dem Fortgang für die einzelnen Marken? Da blockt dann eine zwischengeschaltene Pressedame ab. Steigt bei Auto König nun die Avalon Premium Cars GmbH (Schwabengarage) oder die United Auto Group/Tamsen, Bremen (Penske-Group), ein? Was wird beispielsweise aus Rolls-Royce? Bei dieser Gelegenheit ist zu erfahren, dass Tamsen in Bremen seinen Rolls-Vertrag gekündigt hat, obwohl im Internet immer noch mit der "größten RR-Auswahl" geworben wird. Ein Händler kündigt Rolls-Royce! Welch ein Unterfangen! Also fragen wir beim Hersteller BMW, ob das zukünftig alles über Thomas Exclusive Cars laufen soll? Da werden weitere Informationsmauern aufgebaut und wundert man sich dann, dass die Presse Mutmaßungen anstellt. Für was unterhält man eigentlich teure Presseabteilungen? Zum Vertuschen, Mauern oder um offen zu informieren?
Ein anderes Beispiel. Wir machten von AUTOHAUS im Verbund mit einer Hochschule bei den Herstellern/Importeuren eine Befragung. Wir wollten wissen, welche gezielten Förderprogramme für Neufahrzeuge sie für die Mitarbeiter in Autohäusern haben. Das einzige Unternehmen, das vorbildlich geantwortet hat, war Suzuki. Die tun auch in dieser Beziehung was! Von MB aus Berlin kommt die Antwort: "Vielen Dank für Ihre Anfrage, leider können wir dieses Mal an Ihrer Umfrage nicht teilnehmen, ich bitte um Verständnis." Was soll man davon halten? Unsere Intention: Wir wollen, dass die Mitarbeiter in den Autohäusern die vor Ort vertretene Marke fahren (können). Bei derartigen Antworten wie MB kann man nur schließen: Sie haben nichts! Das kann man aber doch offen sagen. Fazit: In Sachen Öffentlichkeitsarbeit herrscht vielfach ein völlig falsches Bewusstsein. Statt offen Rede und Antwort zu stehen wird gezielt manipulierte Imagepflege betrieben. Realität sieht aber anders aus!
25. Juni – Donnerstag
Anzeigenvorschläge der Hersteller. Wer an einschlägigen Tagen die Kfz-Werbung in den Tageszeitungen aufschlägt, staunt gerade bei Neueinführungen über die Uniformität der Werkswerbung mit den rechts unten eingestanzten Händlerlogos. Nur so bekommt der Händler einen Werbekostenzuschuss. Es kann sein, dass der geneigte Leser in einer Ausgabe auf drei gleiche Anzeigen stößt. Deren Unterschied: Ein anderer Händler, mit anderem, möglichst niedrigerem Angebotspreis. Über die eigentlichen Leistungen des Händlers kommt bei all diesen Anzeigen nichts rüber. Für diese so genannte Werkswerbung wird beispielsweise den Ford-Händlern für jedes angelieferte Neufahrzeug ein Betrag von 40 Euro netto einbehalten und bei nachgewiesener, abrechnungsfähiger Werbung teilweise zurückerstattet. Auch diese Regelungen gehören dringlich auf den Prüfstand. Schließlich kommt es bei jeder Werbung auf die Wirkung an!
26. Juni – Freitag
Honda mit Ökoprofil. Wer weiß schon, dass Honda in Sachen Hybridantriebe deutlich vor Toyota Schule machte? Jetzt entwickelt der Autohersteller ein völlig neues Produkt, ein Mikro-Kraftwerk für die häusliche Strom- und Wärmeproduktion. Ein erdgasbetriebener Kolbenmotor im Mikro-Kraftwerk produziert Strom und Wärme. Mit der Wärme wird Wasser in einem Speicher erhitzt. Der durch den Motor produzierte Strom entspricht rund 50 Prozent des jährlichen Strombedarfs für eine Familie. Das erwärmte Wasser deckt ca. 80 Prozent des Bedarfs ab. Wer weiß, möglicherweise gibt das ein neues Betätigungsfeld im Honda-Autohaus.
Spruch der Woche:
"Gegenwärtig muss man Unternehmer nicht markengebundener Automobilhändler sein."
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
wpo
Reini
Rick Marlowe Investigations
Grosse
J.F.(K.)
Striker
zertifizierter Verkäufer
Insider