HB ohne Filter vom 19. September 2008
präsentiert von

Datum:
19.09.2008Heute mit den Themen: 20. Automechanika – Globale Gigantomanie, Miss AUTOHAUS 2008, Toyota - Nichts ist unmöglich, Bildungssoli, Zum Tode von Willy Pütz.
Steigen Sie in die Diskussion ein! Am Ende des Beitrags finden Sie den Button "Kommentare". Klicken Sie darauf und kommentieren Sie Prof. Brachats Kommentar.
Nur diese Woche: HB ohne Filter Videoblog! Der Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Hannes Brachat als Video - direkt von der Automechanika in Frankfurt.
15. September - Montag
20. Automechanika – Globale Gigantomanie. Die meisten Besucher aus der Branche verbringen einen Tag auf der "Automechanika". Hat einer die Zeit und die Kraft, sich dort an 20 Ständen detailliert zu informieren, so hat er wirklich wirkungsvoll, selektiv und engagiert gearbeitet. Die Messe 2008 bietet 4.600 nationale und internationale Aussteller auf. Dahinter steht eine Ausstellungsfläche von 1.533 Tennisplätzen. Welche Wandlung seit der Gründung der Messe 1971, als die Automechanika aus einer Verlegenheitslösung heraus entstand. Mitten in den Eröffnungstag fiel die Internationale Finanzkrise. Der frühere US-Notenbank-Chef Alan Greenspan ist schockiert über das Ausmaß der Krise: "Das übertrifft alles, was ich je gesehen habe, und ist längst noch nicht überwunden." Man kann sich ausmalen, wie die Schockwirkungen daraus sich im Kaufgemüt der Autofahrer niederschlagen werden.
Klar, die Werkstatttechnik bzw. die Service-Zukunft ist abhängig von der Entwicklung des Automobils. Der eigentliche Fortschritt geht dabei von der Elektronik aus. Ergo wird sich Wesentliches über die elektronische Diagnose gestalten.
Ein Zweites. Von den Herstellern war auf der Messe ausschließlich der Volkswagen-Konzern, Mercedes-Benz und der Fiat-Konzern vertreten. Die einen blieben aus Kostengründen fern (Toyota, Opel, Ford), andere konzentrieren sich lieber auf eigene "Regional- bzw. Hausmessen". Es sei der Messegesellschaft für den rückläufigen Besuch seitens der Kfz-Unternehmer ins Stammbuch geschrieben, dass die Infrastruktur um die Messe selbst nicht stimmt. Hier werden beispielsweise für die Übernachtung im Schnitt 300 Euro abkassiert. Bleiben wir auf dem sehr ansprechenden VW-Stand und schauen wir uns die Detailstände an. Sie seien namentlich aufgeführt: Handelsplatz 2010, Service-Programme, Volkswagen Notdienst, Werkstattausrüstung, Service-Kommunikation, GatsCar (Integriertes Service Training), Service Training 2010, Personal-Management Deutscher Markt, Fahrzeug-EKG (Werkzeug für sporadische Probleme), erWin (Reparatur- und Werkstattinformationen), Volkswagen Planungssysteme, Volkswagen Zubehör, Unfallschadenmanagement, ODIS (Offboard Diagnose Informationssystem), Service Qualität, Service Kernprozess, ElsaPro und Service Key, Volkswagen Zubehör, Volkswagen Lifestyle, Volkswagen Original Teile, NORA - Freier Reparaturmarkt, Volkswagen Original Austausch Teile, Elektronischer Teilekatalog.
Die Erkenntnis: Die Branche hat in Sachen Service-Komplexität einen irren Grad erreicht. Welcher Kunde weiß das? Wo taucht dieser Aspekt im Service-Marketing des Herstellers auf? Der Kern der Service-Botschaft im Markenbetrieb müsste lauten: Gehen sie zum Facharzt. Meiden sie die Sozialstation.
Dritter Aspekt. Mehr und mehr Kunden aber meiden den Facharzt, sprich den Markenbetrieb. Nicht wegen qualitativ besser gewordener Fahrzeuge oder längerer Inspektionsintervalle, sondern weil sie die Facharztpreise nicht mehr bezahlen können bzw. nicht wollen. Die Durchschnittsstunde in der Werkstatt kostet heute im Schnitt inkl. Mehrwertsteuer 85 Euro. Das sind für einen Schwaben bei gegebenem Einkommen 170 DM! Wen wundert es, dass der Kunde dafür zu Recht eine weltmeisterliche Leistung einfordert. Die Konsequenz: Wir müssen abspecken! Weg mit der Einstellung von immer noch höheren Kundenbeglückungs- und Begeisterungsansprüchen, von noch höherer Kundenzufriedenheit, von sinnloser Telefonseelsorge, von völlig überzogenen Standards. Weshalb haben ATU-Kunden nie die Ansprüche an den ATU-Service wie sie es umgekehrt gegenüber dem Markenservice haben? Differenzierte Stundenverrechnungssätze sind sicher eine Variante. Ob allerdings die zweite Teileschiene wie bei Renault (Motrio) oder Peugeot (Eurorepar) der wahre Jakob ist, indem man gleiche Teile über einen anderen Namen einfach billiger vertreibt, muss mehr als hinterfragt werden.
Ein vierter Aspekt. Nicht alle Autofahrer sind monetär angeschlagen. Sie sind offen für interessante Offerten. Hierzu gehört beispielsweise die Nachrüstung auf Autogas. Oder, weshalb verkaufen bestimmte Autohäuser pro Jahr 150 Standheizungen und andere keine zwei? Weshalb gelingt es plötzlich, in einer Autohauskette zusätzlich 3.000 Pakete Mitnahmeöl abzusetzen? Es mangelt eben in den eigenen Servicereihen oftmals an der verkäuferischen Einstellung! Meine Forderung steht: Setzen sie mehr Frauen auf Servicepositionen!
MISS AUTOHAUS 2008. Das ist aber nicht der Grund, weshalb wir zusammen mit Liqui Moly die Miss AUTOHAUS 2008 suchen. Motivieren sie eine ihre Mitarbeiterinnen oder Kolleginnen, sie möge sich bis zum 26.9. bei event.autohaus@springer.com oder unter http://www.autohaus.de bewerben. Die Gewinnerin erhält 1.000 Euro Siegprämie für ihr Autohaus. Die zwölf besten Damen werden am 29. und 30.10. zu einem Fotoshooting nach München geladen. Ziel ist es einen Top-Branchenkalender 2009 zu publizieren. Bitte, keine Aktfotos, sondern Persönlichkeit, Charme, Kompetenz, Charakter, dargestellt an drei Bildern aus dem Arbeitsumfeld sind gefragt. Machen sie mit. Das lohnt sich!
Schon gesehen? Nur diese Woche: HB ohne Filter Videoblog! Der Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Hannes Brachat als Video - direkt von der Automechanika.
16. September – Dienstag
Auf dem traditionellen Automechanika-Branchentreff der Deutschen Shell im "Hessischen Hof" zu Frankfurt sprach ZDK-Präsident Robert Rademacher. Er stellte zum einen das Ende des automobilen Mengenwachstums in Deutschland sowie die Vertriebsnetzstruktur der Zukunft ins Zentrum seiner Betrachtungen. "Die mengenmäßige Betrachtung der Neuwagenzulassungen hat mit einer neuen Realität zu tun", so der Präsident. 3,16 Millionen Neuwagenzulassungen und 6,4 Mio. Besitzumschreibungen sowie 70 Millionen Reparatur- und Wartungsaufträge werden die neuen Quantitäten für ein Normaljahr markieren. Die Hersteller gehen noch immer von falschen Auftragszahlen aus. Außerdem werden heute pro Jahr eine Million Neuwagen am Handel vorbei gehandelt. Das ist ein Zulassungsanteil von 35 Prozent. Vor zehn Jahren lag diese Rate noch bei zehn Prozent. Der Direktvertrieb des Herstellers ist inzwischen sehr weit gefasst. Auch von den Besitzumschreibungen laufen 46 Prozent am Handel vorbei. Das stellt in Europa eine einmalige Größenordnung dar. Ein echtes Mengenwachstum im Neufahrzeuggeschäft macht allenfalls 100.000 Einheiten p.a. aus. Die Konsequenz: Die Lieferanteile auf dem deutschen Markt sind seitens der Hersteller auf ein niedrigeres Volumen einzustellen! Das Ende des automobilen Mengenwachstums ist in Deutschland sichtbar.
Qualität der Geschäfte
Der ZDK-Präsident brandmarkte die Qualität der Geschäfte. Sechs von zehn Handelsbetrieben schreiben bis dato in 2008 rote Zahlen. "Wir hatten einen verheerenden August und liegen in der Gesamtrendite 2008 bislang unter 0,4 Prozent Rendite. Auch bei den Premiummarken", so der ZDK-Präsident. "Wir brauchen ein neues Geschäftsmodell!" Dessen Ziel müsse eine ausgeglichene Kostenverteilung sein. Rademacher berichtete von einem Hersteller, der 50 Millionen Euro für seine Organisation nachgeladen hat. Außerdem arbeiteten in der Branche sämtliche Niederlassungen mit tief roten Zahlen. Dem Hersteller müsse an einer mittelständischen Vertriebsorganisation gelegen sein. In Sachen Rendite müsse die Durchschnittsrendite im Handel zwischen zwei und vier Prozent der erreichbare Rahmen sein. Ferner gelte es die Restwerte abzuspecken. und die Direktbelieferungen auf ein Normalmaß zurückzuführen.
Vertriebsnetz
Rademacher: "Die Vertriebs- und Servicenetze sind anzupassen." Nach Rademacher ist ein einstufiges Netz in Groß- und Mittelstädten nachzuvollziehen. Auf dem Land allerdings nicht. Der Präsident brach für das A-/B-Händlersystem eine Lanze. Außerdem seien vielfältige Kooperationen denkbar. Das erfordere aber von allen Seiten eine hohe Flexibilität.
17. September – Mittwoch
Toyota - Nichts ist unmöglich! Die Krise der Automobilindustrie hat nun auch den Branchenprimus erwischt. Toyota setzte sich nach 73 Jahren Firmengeschichte inzwischen an die automobile Weltspitze. Jetzt müssen Umsatz- und Gewinnpläne reduziert werden, vor allem in Europa und Amerika. Man erwartet einen Gewinneinruch von zuletzt 15 Milliarden. Dollar auf nunmehr 11 Milliarden. Toyota, inzwischen mit 53 Fabriken in 27 Ländern präsent kam über Rückrufaktionen ins Gerede. Eine Demütigung, nachdem man als unverwundbar galt! Man darf gespannt sein, mit welchen neuen Hybrid- und Elektroautos zurückgeschossen wird. Dennoch, es graut einem, wenn man die Zahlen der rumstehenden Lagerfahrzeuge vernimmt.
18. September - Donnerstag
Bildungssoli. Da soll sich der Solidaritätszuschlag Ost ab 2010 nach und nach verringern und 2019 auslaufen. Was kündigen grüne und rote Politiker an? Frau Künast fordert die Umwidmung in einen Bildungssoli. Künast: "Das Geld darf nicht einfach im Haushalt versickern" Nein Frau Künast, das Geld steht den Bürgern als nettoverfügbare Masse zu. Wann endlich setzen Politiker glaubwürdige Zeichen?! Wann endlich bekommen Bürger Entlastung, wenn das eigentliche Thema, für das die Steuer erhoben wurde, erledigt ist? Sie mögen sich ein Beispiel an der Schweiz nehmen, die roten und grünen Raubritter. Erst hat man – heute kann man das sagen – zum 1.1.2007 die Mehrwertsteuer unnötigerweise um drei Prozent erhöht und schöpft damit pro Jahr zusätzlich 4,5 Milliarden Euro ab. Und jetzt hält man schon wieder die Hand auf. Sparen, Frau Künast. Sparen! Nicht 5-er BMW fahren, sondern Toyota-Hybrid Prius. Sauber bleiben!
19. September - Freitag
Zum Tode von Willy Pütz. Am 12. September verstarb nach langer und schwerer Krankheit Willy Pütz. Er wurde 67 Jahre alt. Er nahm sein ehrenamtliches Engagement sehr ernst und engagierte sich über 20 Jahre in der Vorstandschaft des Verbandes der Vermittler und Servicepartner für Mercedes-Benz. Erst im Vertragswerkstättenausschuss und dann in besagtem Verein, den er mit begründete. Man konnte mit ihm sehr gut fachsimpeln. Dabei hatte er stets eine vornehme Zurückhaltung. Gar manches Phänomen hat er als sehr schwierig eingestuft und packte es in ein zähes Gewand. Er war dabei mit großem Ernst, großem Engagement und großem Sinn für Verantwortung bei der Sache. Die Kollegen hoben ihn dafür in den Ehrenvorsitz und dankten ihm damit für all seine kollegialen Leistungen.
Spruch der Woche:
"Die Familie Quandt, maßgebliche Besitzer des BMW-Konzerns, geht mit ihrem Eigentum nicht sorgfältig um. Wo es gegen das Wohl der Allgemeinheit eingesetzt wird, da muss man sogar enteignen." (Sahra Wagenknecht (39), linke Politikerin)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS