HB ohne Filter vom 13. Juli 2012
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13.07.2012Heute mit den Themen: BMW-Premiumwandlungen, 9. Azubi-Tag bei Mercedes Kunzmann Aschaffenburg, Ein weiteres Opfer von GM – Karl-Friedrich Stracke und Steuerzahler-Zechtag
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9. Juli - Montag<br><br>BMW-Premiumwandlungen
"Mit unseren Fahrzeugen geben wir dem Kunden ein Versprechen auf exzellente Substanz und höchste Qualität", so BMW-Konzern-Chef Norbert Reithofer. Es erstaunt immer wieder, wie bei BMW der Lack glänzt, aber die Grundierung doch an einigen markanten Stellen brüchig ist. Anspruch und Wirklichkeit bilden auffällige Differenz. Ein praktisches Beispiel:
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Ein 730, ausgestattet quasi mit allem, was BMW in der Top-Klasse zu bieten hat. Neupreis Listenpreis brutto: 134.250 Euro. Erstzulassung April 2011. Also gut ein Jahr alt und mit ganzen 10.100 Kilometern Fahrleistung. Das Fahrzeug ist heute brutto für 66.890 Euro zu haben! 50 Prozent Wertverlust bei BMW in einem Jahr! Soviel zur exzellenten Substanz, von der der Konzernchef spricht. Offensichtlich mangelt es am objektiven Realitätssinn. Es ist ein offenes Geheimnis, dass BMW sich das Behördengeschäft mit "schmutzigen Konditionen" förmlich erkauft und schon manchen Bürgermeister hinsichtlich des geldwerten Vorteils in fiskalische Engen trieb.
In Amerika muss BMW derzeit 458.000 Fahrzeuge in die Werkstätten zurückrufen. In Sachen Wasserstofffahrzeugentwicklung liegt man deutlich im Hintertreffen und verkauft dies wirksam mit einer genialen Toyota-Kooperation. Wer dann noch beobachtet, wie BMW derzeit Zug um Zug sein Händlernetz in Deutschland strafft, wie dabei der eine und andere Händler mit System in die Insolvenz getrieben wird und zum Hartz IV-Empfänger gemacht wird, wer zur Kenntnis nimmt, wie dann ein Handelshaus namens Cloppenburg-Gruppe auf Endmaß gestutzt wird, der kann bei alledem wenig Premiumklasse ausmachen. Der BMW-Händlerverband schaut hier aktiv zu, obwohl aus deren Präsidiumsmitte morgen der Nächste gleichermaßen zum Opfer auserkoren wird. Exzellente Substanz sieht anders aus. Ein Blick auf Mercedes-Benz möge das deutlich machen.
Als dort 1997 ff. eine vergleichbare Netzbereinigung auf heute 93 Vertreter durchgeführt wurde, nahm Mercedes für über 220 Partnerbetriebe Geld in die Hand, führte offen mit den betroffenen Partnern Gespräche und räumte für die Anpassung zwei Jahre Zeit ein. Damit war sicher nicht jeder betroffene Partner einverstanden. Dennoch, die Vorgehensweise hatte zur Folge, dass nicht ein einziger Händlervertrag vor Gericht landete. Die BMW-Losung sieht aber anders aus. Nämlich, wie schaffen wir eine Netzreduzierung und die mit möglichst "billigem" Mitteleinsatz. Sprich, die Bereinigung geht einseitig zu Lasten der "schwächeren Händler", die man aussondieren möchte. Man erspare mir die Veröffentlichung diverser Schriftsätze.
11. Juli – Mittwoch<br><br>9. Azubi-Tag bei MB-Kunzmann Aschaffenburg
Zum 9. Mal führte Mercedes-Vertreter Kunzmann in Aschaffenburg den Azubi-Tag für Nachwuchskräfte durch. In einschlägiger Werbung sowie Live-Auftritten in den Schulen wird und wurde aktiv für Nachwuchs geworben. Auch auf Facebook (www.facebook.com/KunzmannAusbildung). Geschäftsführer und Inhaber Karl Diehm eröffnete den Veranstaltungsabend, der um 17 Uhr begann und bis 21 Uhr dauerte.
Die Geschäftsführer und Inhaber Wolfgang und Karl Diehm, zusammen mit den Landtagsabgeordneten Peter Winter (CSU) und Dr. Winfried Pausback (CSU) sowie den Technischen Ausbildungsleiter Manfred Zentgraf
Interessierte Auszubildende konnten sich in dieser Zeit ein Bild über die 14 verschiedenen Ausbildungsbereiche im Autohaus Kunzmann machen. Dafür wurden spezielle Stehtische aufgebaut. Jeweils ein Auszubildender oder auch Ausbildungsleiter gaben den jungen Menschen Auskunft über die Ausbildungsinhalte. Dabei wurden die einzelnen Ausbildungsinhalte im Detail vorbereitet.
Der Info-Stand für Interessierte
Das Konzept für die Ausbildungsinhalte
Moritz Kemmerer, selbst Azubi, hat die Veranstaltung mit weiteren Auszubildenden-Kollegen selbstverantwortlich vorbereitet. Dazu gehörte noch ein Parcours mit einem Smart E-Bike, ferner ein exzellenter gastronomischer Service mit Bubble-Tea u.a., den die Azubis ihren "zukünftigen Kollegen und Kolleginnen" offerierten. Kunzmann hat in seinen Häusern insgesamt über 600 Mitarbeiter. Davon sind 80 Auszubildende. Diehm: "Uns allen liegt sehr viel an dieser Veranstaltung. Wir entwickeln sie Jahr für Jahr weiter und wollen damit die besten Auszubildenden in unser Gewerbe und in unser Haus bekommen. Ich sage das auch als Vorstandsmitglied der Kfz-Innung Unterfranken, mit der wir nicht nur während der Ausbildungsjahre sehr eng zusammenarbeiten. Dort beschäftigen wir uns gerade für unseren Innungsbereich mit dem demografischen Faktor. Und der sagt: Wir müssen unsere Anstrengungen für den eigenen Nachwuchs verstärken. Wir haben zwei Ausbildungsverantwortliche, einen für den kaufmännischen, einen für den gewerblichen Bereich für die Betreuung unserer Auszubildenden. Und das über die gesamte Ausbildungszeit. Da führen wir von Anfang an ganz bewusst die kaufmännischen und die technischen Auszubildenden zusammen. Gleich in der ersten Woche, danach im Klettergarten, beim Besuch des Mercedes-Museums in Stuttgart usw." Selbstredend, dass Kunzmann immer wieder in der Kfz-Innung Unterfranken jahrgangsbeste Absolventen stellt. Man kann nur sagen: Zur Nachahmung empfohlen!
12. Juli – Donnerstag<br><br>Ein weiteres Opfer von GM – Karl-Friedrich Stracke
Gestern noch lese ich in der "Bild" auf Seite 2 ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Opel AG, zugleich Europachef, Karl-Friedrich Stracke (56) und denke, erstaunlich, wie es Opel jemals schafft, in "Bild" auf Seite 2 zu kommen. Muss wohl das Werk des neuen Pressesprechers Harald Hamprecht sein, der dort seit Mai 2012 am neuen Image der Marke kräftig mit feilt. Wumms, weg ist er: Karl-Friedrich Strake! Zum dritten Mal in zweieinhalb Jahren wechselt GM den Opel-Chef aus. Halten wir als strategische Aussage von Karl-Friedrich Stracke aus dem "Bild"-Interview fest: "Wir investieren Milliarden in neue Modelle, wie den neuen Astra, den SUV Mokka und den Kleinwagen Adam. Bis 2016 bringern wir 23 neue oder aufgefrischte Modelle. Nicht zu vergessen neue sparsame Motoren. Daneben starten wir eine Qualitäts- und Service-Offensive und sind künftig wieder in der Fußball-Bundesliga aktiv …"
2007 wurden in Europa noch 23 Millionen Fahrzeuge zugelassen. 2012 werden es voraussichtlich noch 13 Millionen sein. Opel ist dominant auf Europa "eingezäunt". Man beachte aktuell die Markteinbrüche in Südeuropa. Dafür kann Herr Stracke wirklich nichts. Er darf aber die Verantwortung dafür tragen. Opel darf sich aber – dank Konzernmutter – nicht nach China aufmachen. Es mag eine grundsätzliche Fehlentscheidung gewesen sein, einen hochverdienten Techniker wie Karl-Friedrich Stracke an die Opel-Spitze zu berufen, wenn man in Wahrheit seitens der Mutter aber in Wahrheit einen gnadenlosen Sanierer, sprich Rabauken braucht. Nick Reilly, seinem Vorgänger war es schon nicht gelungen, in kurzer Zeit die Gewinnschwelle zu überschreiten. Und Stracke meinte noch: "Wir dürfen GM nicht länger auf der Tasche liegen!" Ein neuer Designchef ist engagiert, ebenso ein neuer Vertriebschef. Die neue Imagekampagne läuft. Die Ministerpräsidenten saßen in Eisenach mit GM zusammen. Eine neue Modell- und Motorengeneration ist im werden. Alles gute Ansätze. Deren Wirkung braucht Zeit – und Geld!
Ich hatte im Mai das Glück, dass Stracke und ich auf derselben Veranstaltung als Vortragende auftraten. Er kam am Freitagnachmittag von Rüsselsheim nach Waldeck-Frankenberg. Staufrei! Und so war er frühzeitig vor Beginn schon am Veranstaltungsort und er gab mir die Gelegenheit, zahlreiche Fragen los zu werden. Er drehte aber den Spieß um und fragte: "Wo können wir besser werden? Was würden sie anders machen? Was stört sie an Opel? Wie gelingt es uns, dass die Händlerschaft und wir in andere Renditedimensionen kommen? Sehen sie konkrete Ansätze dafür?" Er wollte wirklich wissen, woran es hapert.
In Wahrheit steht er – wie viele andere Manager auch – unter einem fürchterlichen Druck namens Geschwindigkeit. Schnelle Entscheidungen sind gefordert. Und das unter laufender Beobachtung. GM möchte sehen, dass umgehend die Gewinne glänzen. Ergebnis, Ergebnis und nochmals Ergebnis. Die Welt ist komplexer geworden. Die meisten Automobilkonzerne sind global aufgestellt. Opel wird von GM bewusst flach gehalten. Ein Unding! Das heißt, wer immer auf dem Opel-Stuhl sitzen wird, er hockt in Sandwichlage. Er kann und darf nicht, wie er es für richtig hält. Stracke ist von seinem Naturell ein Mann, der den Kompromiss dem Kahlschlag vorzieht. Ein Manager ohne Monster-Ego. E-Mails schreibt er selbst. Stracke ist einer, der öfter "wir" als "ich" sagt. Einer, der vom Team spricht. Ein Mann des Dialogs, dem das Verbindende wichtiger ist als das Trennende. Siehe Volkswagen: je größer ein Konzern, desto kürzer halten sich die Topleute. Die Angst vor dem Absturz schwingt bei ihnen vielfach mit und macht auch einige in ihrem Verhalten "glatt". Ja nicht unangenehm auffallen.
Karl-Friedrich Stracke hat es auf alle Fälle geschafft, der Marke Opel nach außen wieder eine sympathische Personifizierung zu geben. Ich denke unter anderem an den gigantischen Messestand von Opel auf der IAA 2011 und die glänzende Moderation durch Stracke. Ich denke an seine vornehme Zurückhaltung, an sein stilvolles, ja freundliches Wirken. Als Opel vor wenigen Jahren zum Verkauf stand, war der Betriebsratsvorsitzende Franz der bekannteste Opel-"Manager" in Deutschland. Inzwischen ist Opel wieder AG. Karl-Friedrich Stracke, ein Deutscher, stellte sich der neuen Verantwortung, auch sichtbar in der Öffentlichkeit. Bleibt zu hoffen, dass er dem Konzern in seiner geistigen Diktion und Umsicht weiter an wichtiger Schaltstelle erhalten bleibt. Wo könnte Opel heute stehen, wäre der Deal mit Magna 2009 zustande gekommen und Herbert Dehmel, der frühere Audi-Vorstandsvorsitzende das Zepter, in Händen trüge?
13. Juli – Freitag<br><br>Steuerzahler-Zechtag
Der Bund der Steuerzahler ermittelt jährlich das Datum, bis zu welchem Kalendertag im Jahr die 40 Millionen Beschäftigten in Deutschland arbeiten, um ihre Steuern und Sozialabgaben (z. B. Renten) abführen zu können. Oder anders, wie lange geht der ganze Lohn drauf, bis Steuern und Abgaben an den Staat bezahlt sind. 2012 arbeiteten wir dafür zwei Tage länger als 2011 und vier Tage länger als 2010. In diesem Jahr war der Steuerzahler-Gedenktag am 8. Juli! Wenn mehr als die Hälfte der Einkünfte abzuführen sind, kriegt der Stuttgarter Schwabe Zuckungen. Der Ulmer Schwabe wäre allenfalls bereit, dafür bis Ende April zu baggern. Die schlimmsten Schwaben sind ja die bayerischen Schwaben, also die Augsburger. Für sie liegt die Latte der Steuergerechtigkeit bei Ende März! Man versteht es nicht, dass nicht zumindest für den "mittleren Stand" endlich eine Entlastung kommt, und zwar hinsichtlich der Verflachung der Steuertarife. Schlimm, wenn ein Normalarbeiter über eine Lohnerhöhung mehr verdient und dann netto weniger in der Tasche hat. Wie lange noch, ihr "bürgerlichen Parteien"? Herr Schäuble investiert dies ob seines historischen Weitblickes lieber in den Süden Europas als in jene Kräfte, die Tag für Tag anständig ihren Job machen.
Spruch der Woche:
"Der Euro hat dafür gesorgt, dass die eine Hälfte des Kontinents permanent über ihre Verhältnisse leben konnte – und die andere darunter. Die Europäische Währungsunion ist in ihrer jetzigen Form gescheitert. Ein Neuanfang ist dringend nötig." (Mark Schieritz, Wirtschaftsredakteur "Die Zeit")
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Reinhold Thalhofer