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HB ohne Filter: Autogipfel 2019 +++ Erich Sixt +++ Diesel-Aufbereitung bei VW

Prof. Hannes Brachat
© Foto: Erwin Fleischmann/AUTOHAUS

Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der aktuelle Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!

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Datum:
28.06.2019

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Autogipfel 2019 - Berlin +++ Erich Sixt - ein 75er! +++ Der neue E-Sound +++ Diesel-Aufbereitung im VW-Konzern +++ Neuerscheinung: Die Quirin-Formel

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Autogipfel 2019 - Berlin

Sie reden miteinander, Politik, Wirtschaft, Verbände. Und doch müssen wir Goethe sprechen lassen: "Der Worte sind genug gewechselt. Lasst mich auch endlich Taten sehen!" (Faust - Tragödie). Den Schwaben, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der zum Gipfel nicht einmal eingeladen war und nun über seine automobilen Ministerpräsidentenkollegen selber Druck zur automobilen Gesellschaft der Zukunft machen möchte. Tempo forderte er ein. Und Kretschmann gehört zur Garde der Grünen, die wissen, wie man Ökologie und Ökonomie nachhaltig zu verbinden hat. Er weiß um die Herausforderungen all seiner Zulieferer im Ländle: Bosch, Mahle, Eberspächer, ZF, um nur einige Giganten zu nennen. Ein Drittel der Arbeitsplätze ist mit dem Wandel vom Verbrenner zum Elektroantrieb aktuell bedroht. Klar, wenn 24 Hochkaräter im Kanzleramt am Tisch sitzen, dauert es, bis jeder seine Sicht der Dinge vorgetragen hat.

  1. BMW-Chef Harald Krüger schaffte Klarheit. "Wir glauben an Elektroautos, an Hybride und an die Brennstoffzelle." Wasserstoff wird als Antriebsform erst ab 2030 eine tragende Rolle spielen.
  2. Die Automobilindustrie steht ab 2021 unter Druck, die Neuwagenflotte mit 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer aufzulegen. Daimler steht aktuell bei 134 Gramm, BMW bei 128 und VW braucht noch. Im Klartext: Das E-Auto wird ab 2020 gepuscht! Die derzeit künstlichen Lieferzeiten lösen sich.
  3. Die (Schnell-)Ladeinfrastruktur ist weiter zügig auszubauen. Aktuell haben wir 17.400 öffentliche und halböffentliche Ladepunkte. Wann endlich gehen die 1000 Stadtwerke beherzt konzeptionell zur Sache? Das Baurecht muss Installationshürden beseitigen. Außerdem sollte die Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz, in Gewerbegebieten, in Wohn- und Mietshäusern gefördert werden. 85 Prozent der E-Autofahrer tanken zu Hause. Der Normalfahrer ist in Deutschland pro Tag im Schnitt mit 42 km unterwegs. Es wäre wünschenswert, wenn sich andere EU-Länder gleichermaßen e-mäßig bewegen würden. Ost- und Südeuropäer lassen auf sich warten.
  4. Stefan Kapferer vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) artikulierte im Kanzleramt, dass die Energiewirtschaft in den letzten Jahren vielfach in Vorleistung ging. Sie stelle nicht nur den Großteil der Ladesäulen bereit. Kapferer - den Reichsbedenkenträgern sei's ins Stammbuch geschrieben: "Wir sorgen auch dafür, dass das Stromnetz so leistungsfähig ist, dass künftig mehrere Millionen E-Autos laden können." Zur Stunde stehen wir bei ca. 70.000 reinen E-Autos auf deutschen Straßen. Bis das eine Million E-Fahrzeuge sind, das wird sich Zug um Zug einstellen.
  5. Deutschland hat aufgrund der Energiewende die höchsten Strompreise in Europa. In München bezahlt man pro Kilowatt 55 Cent. Wo liegt da noch preislich der Vorteil des E-Autos zum Diesel? Ist die EEG-Umlage in dieser Form zu halten?

Ergo: Holt den Kretschmann, den Söder, den Laschet und den Ramelow als politische Automobiler vor Ort ins Boot, um die automobile Transformation in Balance zu gestalten. Und denkt an das Drehmoment im E-Auto. Das ist einsame Klasse, unschlagbar, Fahrfreude pur!

Erich Sixt – ein 75er!

Es ist immer wieder erstaunlich, was einzelne Menschen als Lebenswerk im Stande sind vorzulegen. Erich Sixt gehört zu diesen Erlesenen. Er ist mit seinem Unternehmen die Nummer eins in Europa. Er ist der innovativste Autovermieter. Ganz großen Respekt. Gratulation! 

Seit 1991, also seit 28 Jahren, bewundern wir seine doch frechen wie originellen, kreativen Werbeanzeigen (siehe Abbildung). Er wirft seit Jahren Jean-Remy von Matt (Werbeagentur Jung von Matt) die Ideenbälle zu und beide schaukeln sich kreativ in rasche Umsetzung. Weniger bekannt ist, dass Erich Sixt über Jahre IT-Programme selbst programmiert hat. Ein IT-Profi! Seine Aussage, wer im Mietwagengeschäft mit seinem Fuhrpark die höchste Auslastung erzielt, macht das Rennen. Und das geht nur über ausgefeilte, mathematisch höchst komplexe IT-Programme.

Wenn einer wie Sixt mit seinen über 6.500 Mitarbeitern eine Flotte von 270.000 Fahrzeugen unterhält, und diese halbjährlich wechselt, dem stehen sämtliche Herstellertüren sehr weit offen. Und da laufen eben im Hintergrund Regelungen ab, die die Sonderstellung von Sixt doch arg unterstreichen. Erich Sixt sieht sich selber als Europas größter Autohändler. Und sein Mietwagengeschäft tituliert er gerne als bezahlte Probefahrten. Erst lag Erich Sixt in der MB-Niederlassungsära Karl Dersch über Jahre mit Daimler im Bett. Sixt macht sich ja gerne über die Konkurrenz lustig. Da kamen dann so Aussagen: Der Wettbewerb werde von ihm nur die Rücklichter sehen. Oder so war von ihm zu hören: Meine Einkaufskonditionen werde ich nie und nimmer offenlegen und bis aufs Blut verteidigen. Die Mercedes-Benz-Vertreter erhielten damals 14,5 Prozent Marge und Sixt…? Da kann man leicht so daher reden. Unfairer Wettbewerb ist das. Nachdem da dann bei Daimler gestrengere Grenzen eingezogen wurden, war für Sixt die Marke BMW dran. Nachdem Erich Sixt nun seine Carsharing-Anteile im Verbund mit DriveNow, sprich BMW, widerwillig abgeben musste, kehrte er BMW den Rücken, verselbständigte in kürzester Zeit sein Carsharing-Konzept - und jetzt ist eben Audi dran. Er schafft das. Die Beurteilung über das Wie überlässt er anderen.

Sixt nutzt sein Schnelldenkertum gerne einseitig zu Lasten anderer aus. Sixt Neuwagen.de dürfte es eigentlich ohne einen Händlervertrag mit entsprechenden Standards gar nicht geben. Aber Erich Sixt schafft das. Sein Vertriebsmodell ist dazu so fintenreich angelegt, dass die Hersteller da im Hintergrund mitwirken und einige Händler, die alle ganz bewusst im Verborgenen bleiben, Sixt beliefern. Nennen wir diese Vertriebsschiene "Halbschattenhandel". Aber, clever gemacht. Zu wessen Lasten?

Dass Erich Sixt mit 75 Jahren noch der Ehrgeiz packt, der "automobile Amazon" zu werden, sollten wir mit weiterer Bewunderung und offen zur Kenntnis nehmen. Es war AUTOHAUS ohne Frage eine besondere Ehre, dass Erich Sixt 2007 im Rahmen von 50 Jahre AUTOHAUS als Festredner auftrat. Erich Sixt liebt die freie Rede. Und das kann und macht er in besonders originärer Machart. Klar, auch provokant. Schließlich hat er etwas zu sagen. Man hört ihm zu gerne zu, weil er auch mutig Sachverhalte beim Namen nennt. In Sachen E-Autos tut er sich noch sehr schwer. Klar, wenn man die ganzen Flughäfen sowie die 600 Sixt-Mietwagenstationen mit E-Ladestationen bei (noch) geringer Auslastung bestücken muss, entspricht das alles nicht seinem Naturell.

Ich freue mich immer, wenn Genies - auch in der Kunst und Kultur - ihre besonderen Gaben allen anderen auch im hohen Alter noch sehr, sehr lange zur Verfügung stellen. In seiner gleichermaßen genialen Frau Regine, die eine großartige Kinderhilfe-Stiftung aufgebaut hat und im Hause auch international für gelebtes Beziehungsmanagement sorgt, erfährt Erich Sixt wirkungsvolle Begleitung. Ihre beiden Söhne Alexander und Konstantin sind heute schon im Sixt-Vorstand mit Erfolg involviert. Wir gratulieren Erich Sixt und wünschen dem kompletten "Sixt-Quartett" alles, alles Gute auf allen mobilen Wegen!

© Foto: Redaktion

Erich Sixt und das Beispiel einer seiner originellen Werbeanzeigen

Der neue E-Sound

Ab Juli müssen alle E-Autos, die neu auf den Markt kommen, einen Ton von sich geben. Und das, so sie mit weniger als 20 km/h fahren. Man will das Unfallrisiko reduzieren. Die EU sieht dazu - wie könnte es anders sein - ein detailliertes Regelwerk vor.

Was sich so locker anhört, ist komplexer Art. Man denke an die Geräusche, die Müllfahrzeuge oder Gabelstapler vom Stapel lassen. Das hört sich mehr nervig als entspannend an. Der Fußgänger soll künftig an der Tonhöhe, an der Lautstärke wahrnehmen, ob ein Fahrzeug vorwärts oder rückwärts fährt oder ob der Wagen steht. Schließlich muss er im Sound die Marke akustisch spüren. Wenn dann künftig eine stark befahrene Ampelkreuzung mit lauter E-Fahrzeugen unterschiedlicher Marken steht, darf man auf den orchestralen Sound gespannt sein. Da wird mancher Stadtbewohner tief Luft holen.

Die Hersteller haben für die neue Kreation eigene Sounddesigner wie externe Komponisten beschäftigt. Sie werden damit das E-Auto emotional in der Akzeptanz erheblich beeinflussen. In Dur oder Moll, mit Außenlautsprechern, in Mono oder Stereo. Der Kundenwunsch sieht natürlich so aus, dass er den Sound je nach individueller Stimmung selbst zuschalten kann. Hat ja jeder seine Eigenemotion wie individuellen Musikgeschmack. Wir halten für die Branche fest: Auch der Sound der Straße wird sich verändern. Den Motorenlärm reduzieren?

Diesel-Aufarbeitung im VW-Konzern

28 Milliarden Dollar flossen von VW als Strafe für den Diesel-Betrug bislang nach Amerika. 1,77 Milliarden Euro musste der Konzern bislang in Deutschland aufwenden. Und das ist nicht das Ende der Diesel-Fahnenstange. Beim Landgericht Stuttgart klagen Aktionäre mit einer Forderung von einer Milliarde Euro, sie seien über den Abgas-Skandal zu spät informiert worden. In selbiger Angelegenheit liegt beim Landgericht Braunschweig eine weitere Klage vor. Es geht um neun Milliarden Euro. Mal dazwischen geschoben, eine Milliarde sind 1.000 Millionen, um die Dimension zu verdeutlichen, die der größte Betrugsskandal in der deutschen Wirtschaftsgeschichte kostet.

Es geht weiter. In den Vorstandsetagen wurde immer versucht, den Betrug an einem kleinen Täterkreis aufzuhängen. Man hat dann sechs Manager aus der zweiten Reihe entlassen. Bauernopfer. Sie klagen aktuell auf Wiedereinstellung. Kündigungsschutzklage! Es sind also einige Arbeitsgerichtsprozesse anhängig. Man hat dann versucht, sich vor Prozessbeginn zu einigen. Das soll nicht gelungen sein. Jetzt wird öffentlich verhandelt.

Und dann steht da die Auseinandersetzung mit 400.000 Verbrauchern an, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben. Da sind nun diverse Kanzleien unterwegs, die sich hier einschlägige Geschäft versprechen, z. B. Verbraucherhilfe24.de (siehe Abbildung). Liest man im Netz Bewertungen über die agierenden Diesel-Juristen, so fallen diese entweder sehr gut oder miserabel aus. Macht einen Schnittwert von 3,7 aus. Überschaubar! Da wittern einige Verbraucher wie Anwälte große Kasse und werden je nach Fall auf die Realität hin abgestutzt.

© Foto: Redaktion

Verbraucherhilfe in Sachen VW-Dieselbetrug

Neuerscheinung: Die Quirin-Formel

Man sagt gelegentlich, es gäbe keine Zufälle, sprich, es fällt einem zu. Es sei so! Bei Dr. Andreas Block war es so. Wir tauschten uns erst schriftlich aus und daraus wurde nicht nur sein Auftritt bei den AUTOHAUS Perspektiven 2019 in Zürich, sondern in Folge sein Buch: Die Quirin-Formel. Meint, hier wird die DNA erfolgreicher Autohäuser entschlüsselt. Quirin steht für ein echtes, im Buch anonymisiertes Autohaus.

Daten und Strom sind das Gold der Zukunft. Über das vernetzte Automobil, über all die Internetplattformen entstehen Datenmeere. Auf welche Daten kommt es an? Welche Daten brauchen wir im Autohaus, um wirkungsvoll Markt zu machen? Dr. Block sagt es deutlich: Der Kundenstamm ist der Goldschatz im Autohaus. Dem Thema Kundenstamm-Management ist ein großes Kapital in seinem 500-Seiten-Buch gewidmet. Ebenso der Neukundengewinnung. Dazu gehört insbesondere Leadgewinnung und -qualifizierung. Auch Kundenrückgewinnung.

Was macht weiter den Erfolg guter Autohäuser aus? Verkaufsplanung und Steuerung. Potenzialanalyse. Aktuell besonders dringlich: Prozess-Management. Die Thematik Profitabilität zeigt Dr. Block an Optimierungschancen sowie an Beispielen zur Kostensenkung auf. Ich darf mit Freude feststellen, dass Dr. Block die besondere Gabe vorlegt, seine umfassenden Praxiserfahrungen in einer besonderen Systematik aufbereitet zu haben. Das Buch gibt nicht nur zahlreiche Handlungsimpulse, sondern ist gerade in Sachen "Datenmeere" absolute Orientierung. Die Digitalisierung erfordert als Kontrapunkt die persönliche Beratung wie die persönliche Beziehungsebene. Die Kundendaten schaffen hier ein sehr hilfreiches Fundament.

Auch wenn ich das Buch zur Pflichtlektüre erhebe. Sie werden Freude daran haben. Es wird Ihr neuer Freund gerade in Sachen Daten-Management werden! Das Buch erscheint Anfang Juli bei AUTOHAUS. Sie können es aber auch vorab unter diesem Link bestellen.

Hardcover, farbig, 532 Seiten, 89,00 Euro zzgl. MwSt.

© Foto: Redaktion

Dr. Andres Block, "Die Quirin-Formel"

Spruch der Woche:

"Wir halten viel von der Brennstoffzelle, aber sie wird uns in den nächsten zehn, 15 Jahren nicht weiterbringen." (Jürgen Stackmann, VW-Vorstand Vertrieb und Marketing)

Mit warmen, sonnigen Wochenendgrüßen

Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de


Der nächste HB ohne Filter erscheint am 05. Juli 2019!


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