Dem Finanzgericht Münster lag ein weiterer Fall zum Familienheim zur Entscheidung vor. In diesem Fall beerbte die Klägerin ihren Ehemann allein und somit erhielt sie auch den hälftigen Anteil des Familienheims, das sie nunmehr allein zu Wohnzwecken nutzte. Da insoweit alle steuerlichen Voraussetzungen eingehalten wurden, behandelte das Finanzamt den Erwerb des Familienheims zunächst als steuerfrei.
Doch dann wurde der entscheidende Fehler gemacht. Wie wir Ihnen in unserem ersten Teil der kleinen Serie zum Familienheim mitgeteilt haben, muss der Erwerber auch für einen Zeitraum von zehn Jahren nach dem Erbfall das Familienheim selbst zu Wohnzwecken nutzen. In dem vorliegenden Fall wurde mittels notarieller Urkunde innerhalb der Zehnjahresfrist das Familienheim an die Tochter der Klägerin geschenkt, wobei sich die Klägerin ein lebenslängliches Nießbrauchrecht eintragen ließ, aufgrund dessen sie das Familienheim weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzen konnte.
Das Finanzamt setzte nun aufgrund dieser Schenkung Erbschaftsteuer für den Erwerb des hälftigen Anteils am Familienheim von dem verstorbenen Ehemann der Klägerin fest. Und auch die Finanzrichter folgten dem Finanzamt und wiesen die Klage ab, da der vorbehaltene Nießbrauch allein nicht für die Steuerbefreiung ausreiche. Liest man die Vorschrift genau, so nennt diese die Aufgabe der Eigentümerposition gerade nicht als Voraussetzung. Wortwörtlich heißt es nämlich: "Die Steuerbefreiung fällt für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt…"
Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster ergibt die Auslegung der Norm nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung systematischer Gesichtspunkte, dass die Steuerbefreiung entfällt, wenn der Erwerber das Eigentum überträgt, selbst dann, wenn es die eigenen Kinder sind und die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt stattfindet. Es kommt also allein auf die Eigentümerposition an.
Hinweis:
Zwar wurde auch gegen dieses Urteil die Revision zum BFH zugelassen, aus Sicherheitsgesichtspunkten ist es aber ratsam, dass bei Übertragungen diese Behaltensfrist von zehn Jahren eingehalten wird, um nicht die Steuerbefreiung zu riskieren.
Und auch eine weitere Gestaltung ist mit Vorsicht zu genießen. In diesem Fall, der dem Finanzgericht Kassel vorlag, erhielt die Tochter des Erblassers den hälftigen Anteil an dem Familienheim, eine Wohnung. Die andere Hälfte war im Eigentum der Mutter (Ehefrau des Erblassers). Die Tochter, die nur den hälftigen Miteigentumsanteil erhalten hatte, richtete sich in der Wohnung ein Zimmer ein, das sie zur Betreuung dr Mutter gelegentlich mitbenutzte. Das Finanzamt versagte der Tochter jedoch die Steuerbefreiung für den Erwerb des hälftigen Anteils des Familienheims, da die Tochter diesen nicht zum Lebensmittelpunkt machte. Und auch das Finanzgericht Kassel war dieser Ansicht. Danach wird eine Steuerbefreiung selbst beim Erwerb eines Miteigentumsanteils nur dann gewährt, wenn in diesem Miteigentumsanteil der familiäre Lebensmittelpunkt gebildet wird.
Hinweis:
Gegen dieses Urteil ist eine Revision beim BFH anhängig. Wird jedoch beabsichtigt, dass nach dem Tod beider Elternteile, das Kind das Familienheim zu eigenen Wohnzwecken nutzen und dort den familiären Lebensmittelpunkt bilden soll, bietet es sich an, es testamentarisch so zu lösen, dass der hälftige Anteil am Familienheim zunächst jeweils dem länger lebenden Ehegatten zufällt und erst im letzten Akt dem Kind, da somit bei beiden Erwerbsvorgängen die Steuerbefreiung für das Familienheim beansprucht werden kann.