Ausgabe 21/2013: Noch viel Potenzial

Der Preisdruck im Winterreifengeschäft, die zögerliche Vororderbereitschaft des Handels, das Komplettradgeschäft, der Einfluss des Internets auf den Reifenmarkt und die Rolle der Autohäuser darin, darüber sprachen wir aktuell mit Arno Bach, Geschäftsführer für RR Team und für Tyre & Wheel Systems.AH: Herr Bach, wie ist das Wintergeschäft bisher gelaufen?A. Bach: Aktuell läuft das lose Winterreifengeschäft auf ordentlichem Niveau, was die Mengen angeht. Preislich war aufgrund der hohen Bestände bisher sehr viel Preisdruck. Aktuell stellen wir fest, dass die Preise auf den Plattformen anziehen, teilweise sind wir mit unseren stabilen Preisen über die Fahrzeughersteller inzwischen billiger als verschiedene Plattformen. Das bestätigt unser Argument, dass der Bezug von Reifen über den Fahrzeughersteller mit allen Facetten wie Zahlungsziel, Bonus, geringere administrative Kosten, Zuverlässigkeit etc. durchaus attraktiv ist, wenn man die Preise zu den Zeitpunkten vergleicht, wo das Autohaus wirklich Ware braucht! Mit dem Komplettradgeschäft sind wir zufrieden, hier haben wir aktuell aufgrund teilweise vorsichtiger und später Vororderbestellung des Handels einige Rückstände, die aber in den nächsten Tagen abgebaut werden.AH: Worauf führen Sie das zurück?A. Bach: Auch in den Autohäusern und im Reifenhandel sind in der letzten Saison einige Bestände an Winterreifen und Kompletträdern liegengeblieben, insofern war die Vororderbereitschaft nicht so hoch wie nach einem starken Winter. Wir glauben aber, dass aufgrund verschiedener Faktoren (z. B. haben viele Autofahrer ihre Winterreifen durchgefahren, Ersatzbedarf für im starken Winter 2010 verkaufte Reifen etc.) die Nachfrage in den nächsten Wochen hoch bleiben wird.AH: Die Hersteller und Importeure haben den Reifen inzwischen auch als interessantes Teil entdeckt. Wie bewerten Sie die Unterstützung des Handels?A. Bach: Hier liegt noch immer viel ungenutztes Potenzial im Autohaus. Ich stimme Ihnen zu, dass die Fahrzeughersteller und Importeure das Reifen- und Komplettradgeschäft verstärkt angehen, weil man auch erkannt hat, dass dieser Bereich ein wichtiges Kundenbindungsinstrument und Ertragsbringer für die Autohäuser ist, den man bei länger werdenden Wartungsintervallen gar nicht hoch genug bewerten kann! Wir arbeiten hier mit vielen Fahrzeugherstellern und Importeuren an neuen Konzepten und Maßnahmen, dieses Potenzial besser auszuschöpfen, und sind dabei auf einem guten Weg.AH: Wie bewerten Sie den Groß- und Einzelhandelsverkauf über das Internet?A. Bach: Wir glauben, dass dieser Trend nicht aufzuhalten ist und man sich darauf einstellen muss. Im Großhandelsbereich versuchen wir uns im Autohaus durch viele Leistungen und Maßnahmen von reinen Preisanbietern zu differenzieren. Das gelingt uns auch bei vielen Kunden, besonders bei denen, die den gesamten Prozess und die Prozesskosten zu bewerten wissen! Im Einzelhandel wird das Thema in den nächsten Jahren noch wachsen, wir sehen aber hier eine Grenze, da das Produkt Reifen und auch das Komplettrad im Vergleich zu Büchern oder Schuhen doch ein sehr beratungsintensives Produkt ist und auch einer fachgerechten Montage bedarf. Im Moment sehen wir das Endkundengeschäft über Internet zu einem hohen Prozentsatz im Billigbereich. Die spannende Frage wird sein, ob sich hier auch ein Bereich mit hochwertiger Vermarktung entwickelt!AH: Kommt es durch diese Aktivitäten zu stärkerem Preisdruck?A. Bach: Ja, eindeutig: Im B2B-Bereich, weil hier inzwischen ohne jegliche Vermarktungskompetenz und Know-how jeder kleine und mittlere Anbieter auf öffentlichen Plattformen seine Bestände anbieten kann. Und im B2C-Bereich, weil man im Großhandel glaubt, dass man Erträge, die man im B2B über das Geschäft mit öffentlichen Plattformen vernichtet, auf diesem Weg kompensieren kann, indem man die B2C-Erträge nach unten drückt.AH: Läuft das Geschäft künftig nur noch über den Preis?A. Bach: Das glauben wir nicht, ich denke dass es immer Kunden geben wird, die Qualität, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Service haben wollen. Es wird aber immer wichtiger, diese Leistungen auch in einem höheren Preis argumentieren zu können!AH: Wie soll sich der Handel verhalten?A. Bach: Für das Autohaus wird es im Reifengeschäft wichtig sein, seine Stärken im persönlichen Kontakt mit dem Kunden, in der Servicequalität etc. zu nutzen und die Synergien, die das Reifengeschäft bietet, in Umsatz und Ertrag umzusetzen. Ganz wichtig wird sein, durch geeignete Trainings die Argumentation gegenüber Billigpreisen (von wo auch immer) zu stärken. Das ist zum Beispiel ein Bestandteil unserer Leistungspakete mit den Fahrzeugherstellern und Importeuren und unseres Außendienstes!AH: Wie kann ein Autohaus das Geschäft forcieren und damit noch Geld verdienen?A. Bach: In den meisten Autohäusern müssen wir dazu noch nicht über Werbemaßnahmen etc. sprechen, um neue Kunden ins Autohaus zu holen, sondern darüber, dass die Kunden, die man hat, ihren Reifenbedarf im Autohaus decken. Dazu gehören entsprechende Analysen (Wie viel Prozent meines Kundenpotenzials schöpfe ich aus?) und dann natürlich die Frage: Mit welchen Maßnahmen kann ich das verbessern? Auch das ist übrigens ein Schwerpunkt unseres Außendienstes, solche Beratungen mit Kunden durchzuführen. Und natürlich die klassischen Tools wie Rädereinlagerung, ganzjährige Winterkomplettradvermarktung mit dem Neuwagen etc.AH: Welche Rolle spielen die Reifenmarken?A. Bach: Es entsteht ein natürlicher Bedarf durch die Erstausstattung, insofern haben Marken, die dort vertreten sind, eine Bedeutung, und das Autohaus wird sich aufgrund seines Qualitätsanspruches immer auf Marken konzentrieren, insofern sehen wir für Billigreifen und No-Name-Fabrikate keine Berechtigung. Innerhalb der Marken sollte sich das Autohaus fokussieren, damit die Argumentation für die Serviceberater einfacher wird. Kriterien dazu sind natürlich EA-Anteile, aber auch Zuverlässigkeit in der Belieferung und Vermarktungsstabilität. Marken, die im Großhandel und Internet sehr aggressiv vermarktet werden, sind für das Autohaus eher schwierig.AH: Wie sehen Sie Ihre Aufgabe als Dienstleister?A. Bach: In der Bereitstellung einer Warenverfügbarkeit zu fairen Preisen, in guter, zuverlässiger Logistik, in gut funktionierenden Bestell- und Informationssystemen und insbesondere in einer aktiven Außendienstbetreuung und Beratung der Autohäuser zur besseren Potenzialausschöpfung. Darüber hinaus in Zusammenarbeit mit unseren Fahrzeugherstellern und Importeuren in der Entwicklung neuer Vermarktungskonzepte und der Europäisierung des Geschäftes über unsere Aktivitäten der Tyre & Wheel Systems GmbH.AH: In welche Richtung muss sich das Reifengeschäft künftig entwickeln, um für den Autohandel profitabel zu bleiben?A. Bach: Für uns lautet die Frage eher: "Mit welchen Maßnahmen können wir sicherstellen, dass das Reifen- und Rädergeschäft für das Autohaus profitabel und sinnvoll ist?" Hier muss man sicher in Zukunft auch über neue Ansätze nachdenken, bis hin zur Definition von Endverbraucherpreisen und vernünftigen Margen über eine Rückberechnung. Aber zuerst gilt hier wie bereits erwähnt, das Potenzial besser auszuschöpfen und die gesamte Prozesskette mit allen Kosten und Ertragsbestandteilen und die Synergieeffekte für andere Verkäufe zu betrachten.AH: Herr Bach, vielen Dank für das Gespräch.

Ausgabe 21/2013: Noch viel Potenzial

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