Ausgabe 20/2010: Lichtsprünge

LichtsprüngeLichttechnik E Die Zukunft der Autoscheinwerfer hat schon begonnen: LED verspricht noch mehr Sicherheit beim Fahren und wird Xenon mittelfristig ergänzen, aber nicht ablösen. Von Thomas SeidenstückerEin Blick auf die Straße genügt, um zu erkennen, dass Licht, Scheinwerfer und Rückleuchten die Dynamik und das Design des Autos nachhaltig prägen (sollen). Neben der emotionalen Komponente haben die Scheinwerfer allerdings einen ganz pragmatischen Zweck: Sie sollen möglichst viel Licht vor das Auto werfen, damit der Fahrer stets sicher fahren kann. Das Ganze bei völlig unterschiedlichen Fahrbedingungen, Wetterverhältnissen etc.Systeme nebeneinanderDer Job eines Lichtentwicklers muss dabei sehr erfüllend sein. Denn in regelmäßigen Abständen kann man Aha-Effekte präsentieren und lobende Worte ernten. So war es zumindest in den letzten 40 Jahren: Beim Sprung von Bilux auf Halogen, von Halogen auf Xenon, von Xenon auf LED und der Einführung variabler Lichtsysteme. Und stets hatte man als Autofahrer das Gefühl: Jetzt ist das Licht optimal, geht’s überhaupt noch besser? Ja, denn das machen die Vergleichsfahrten mit Serienautos und Prototypen bei Nacht deutlich, wie sie Hella alle zwei Jahre mit der Presse durchführt. Der Unterschied von heutigem Xenon-Licht mit der neuesten Entwicklung LED ist dabei in etwa so erlebbar wie der Wechsel von Halogen auf Xenon. Trotz vergleichbarer Leistungswerte bringen die neuen LED-Scheinwerfer nochmals weißeres Licht (wird 20 Prozent heller wahrgenommen als Xenon) und eine bessere Ausleuchtung (größere Reichweite und bessere Seitenausleuchtung). Allein schon deshalb wird LED mittelfristig heutige Xenon-Systeme von der Oberklasse abwärts ersetzen. Daneben könnte es Hybridscheinwerfer geben, die Xenon und LED-Komponenten kombinieren. Ebenfalls in der Entwicklung befinden sich gedrosselte Xenon-Systeme mit unter 2000 Lumen Lichtstrom als Alternative zu heutigen Halogenscheinwerfern, die ohne automatische Leuchtweitenregulierung und Scheinwerferreinigungssystem betrieben werden können.Komplizierter zu steuernDas oft gehörte Argument LED sei energiesparender und man könne über diese Schiene noch ein paar Gramm CO2 sparen, lässt sich derzeit noch nicht unterschreiben. Mit 37 Watt zu 35 Watt hat LED aber fast die Leistungsaufnahme von Xenonleuchtquellen erreicht, wie bei Hella zu hören ist. Wären alle Lampen im und am Auto in LED ausgeführt, sollen sich rund 0,2 Liter Sprit pro 100 Kilometer sparen lassen. Um die gleiche Lichtverteilung wie mit konventionellen Scheinwerfern zu erreichen, ist bei LED allerdings deutlich mehr Aufwand notwendig. Denn die Lichtverteilung basiert auf der Überlagerung mehrerer Lichtquellen, die aus unterschiedlichen Optikmodulen kommen. Beim neuen Audi A8 mit optionalem Voll-LED-Scheinwerfer zum Beispiel zehn einzelne Module mit Linsen. Durch die unterschiedliche Anordnung der Module im Scheinwerfer sind die sehr individuellen Stylings möglich. Aber die neuen LED-Scheinwerfer müssen sich an den heute möglichen Lichtverteilungen adaptiv funktionierender Xenon-Scheinwerfersysteme (zum Beispiel Mercedes, Opel Insignia, Astra etc.) messen lassen. Eine anspruchsvolle Aufgabe für die Entwickler und Scheinwerferhersteller, da statt einer Lichtquelle mehrere LED-Module sehr genau angeordnet und gesteuert werden müssen. Erweiterte FunktionenDas ist beim Xenon- oder Halogenscheinwerfer vergleichsweise einfach und so geht auch hier die Entwicklung weiter. Zum Beispiel in Form neuer adaptiver Lichtsysteme mit noch mehr Funktionen, die per Kamera gesteuert die Leuchtweite gleitend anpassen und stets für eine möglichst weite Ausleuchtung der Fahrzeugumgebung sorgen (z. B. Audi A8 oder Mercedes-Benz E-Klasse). Erkennt die Kamera beispielsweise beim aHDG-System (adaptive Hell-Dunkel-Grenze) vorausfahrende oder entgegenkommende Lichtquellen (ab 800 m Entfernung), reduziert sich automatisch die Leuchtweite und verhindert so die Blendung der anderen Verkehrsteilnehmer. Mehr noch nutzt die intelligente Scheinwerfersteuerung Informationen des Navigationssystems oder Regensensors, um die Lichtverteilung situations- und ortsabhängig (inkl. Topographie) vorausschauend zu modulieren. Eine Weiterentwicklung davon – den Dynamic Light Assist – haben Volkswagen und Hella erstmals im neuen VW Touareg eingesetzt. Mit dem Dynamic Light Assist kann das Auto quasi immer mit maximaler Leuchtweite fahren und der Bereich anderer – blendgefährdeter – Verkehrsteilnehmer (die eine eigene Leuchtquelle haben), wird segmentweise ausgeblendet. Das System funktioniert ebenfalls mit einer Kamera, die die Umgebung vor dem Fahrzeug aufnimmt, einer Software und einer Blende im Scheinwerfer. Ähnlich dem System der variablen Lichtverteilung fährt eine Walzenblende binnen Millisekunden in verschiedene Positionen, um den Bereich des Gegenverkehrs fließend auszublenden. Gegenwärtig arbeitet Hella daran, diese Technik auch mit LED zu kombinieren, und ist zuversichtlich, in zwei bis drei Jahren eine LED-Fernlichtsegmentausblendung mit dem Vario-X-Modul präsentieren zu können. zGenerationensprung bei der Lichtentwicklung von Bilux- über Halogen- und Xenon-Lichtquellen zu LED-Chips. Gründe für LEDWarum der ganze Aufwand mit LED, mag sich mancher fragen – schließlich bieten moderne Xenon-Scheinwerfer mit adaptiver Lichtverteilung schon heute ein sehr gutes Licht. Die Vorteile von LED sind eher langfristig zu sehen, und irgendwann muss man anfangen, um die Kosten der Entwicklung zu reduzieren. Im Vergleich zu Halogen oder Xenonlichtquellen, die als Volumenstrahler ihr Licht 360° um das Leuchtmittel abgeben und dadurch einige Verluste haben, sind LED sogenannte Flächenstrahler mit einer 180° Lichtabstrahlung. Das bringt Energievorteile und Vorzüge bei der optimierten Ausleuchtung. Als Lichtquelle bei LED kommen heute sogenannte LED-Arrays (Chips) zum Einsatz, wobei jedes Array aus mehreren kleinen LEDs besteht, die man einzeln ansteuern kann. Durch gezieltes Ein- und Ausschalten der Chips lässt sich einerseits die Geometrie der Hell-Dunkelgrenze variieren, aber auch die Intensität der Lichtverteilung beeinflussen. So ist ein variables Licht mit LEDs auch ohne heutige Schwenkmechanik umsetzbar. Für den Innenraum, Signal- und Schlussleuchten entwickelt man derzeit organische Leuchtdioden weiter (OLEDs), die eine sehr geringe Bautiefe aufweisen, sehr langlebig sind und wenig Energie verbrauchen. Laut Hella sind OLEDs zudem ohne Vorschaltgeräte und Abschirmmaßnahmen zur elektromagnetischen Verträglichkeit einsetzbar.

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