Die Bundesregierung setzt auf einen entschlossenen Wandel der deutschen Autobranche zu klimaschonenderen Antrieben. "Es wird nur eine Lösung geben, wenn wir auch Weltmeister werden im Bau von umweltfreundlichen, nachhaltigen Fahrzeugen, mit denen wir unsere CO2-Klimaziele erreichen können", sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in der ARD vor einer Gesprächsrunde der Koalition mit Managern und Gewerkschaftern im Kanzleramt. Beschlüsse waren für das Treffen am Montagabend nicht geplant. Die CDU tritt für einen breiten Technologiemix für mehr Klimaschutz ein, ohne die Bürger zusätzlich zu belasten.
Umweltschützer, IG Metall und auch die Autobranche mahnten baldige Weichenstellungen an. Die Organisation Greenpeace forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, jetzt den Kurs für abgasfreie Mobilität zu klären. Nur dann werde die deutsche Autoindustrie auch in zehn oder 15 Jahren ihre führende Position behaupten, sagte Verkehrsexperte Benjamin Stephan der dpa. "Alleine mit immer neuen Prämien lässt sich der massive Rückstand des Verkehrs im Klimaschutz nicht aufholen."
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) machte deutlich, dass angesichts eines deutlich wachsenden Angebots an E-Fahrzeugen das Netz der Stromtankstellen ausgebaut werden müsse. "Nur wenn Ladeinfrastruktur sehr bald sichtbar, flächendeckend und komfortabel verfügbar ist, kann sich der gewünschte Erfolg einstellen", schrieb VDA-Präsident Bernhard Mattes im "Handelsblatt". IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Es muss endlich entschieden werden, wie wir bei wichtigen Themen wie dem Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos oder bei der Batteriezellfertigung in Deutschland vorankommen." Ziel sei, dass jedes E-Auto in wenigen Minuten an jeder Tankstelle aufgeladen werden könne.
Fit für die Auto-Zukunft
Die schwarz-rote Koalition hatte im März regelmäßige Spitzentreffen angekündigt, um die Autobranche mit mehr als 800 000 Beschäftigten fit für die Zukunft zu machen. Ziel einer "Konzertierten Aktion Mobilität" soll sein, den politischen Handlungsbedarf zu bestimmen. Hintergrund sind tiefgreifende Veränderungen zu neuen Antrieben etwa mit Batterien, Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen. Zugleich kommen zusehends computergesteuerte Fahrzeuge in den Blick. Dies hat alles auch Folgen für die Arbeitswelt und die Beschäftigungslage.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das Treffen am Montag solle der "Einstieg in einen Gesprächsprozess" sein. Konkrete Ergebnisse erwartete er vorerst nicht. An dem Gedankenaustausch sollten auch mehrere Bundesminister und die Spitzen von Union und SPD teilnehmen.
Der CDU-Vorstand befasste sich am Montag mit einem eigenen Konzept zur Mobilität der Zukunft. "Wir lehnen es ab, Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen oder Verkehrsteilnehmer mittels Verboten zu bevormunden", heißt es in dem Papier von CDU-Vize Thomas Strobl sowie Niedersachsens CDU-Chef und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann. Der Staat solle demnach auch nicht vorschreiben, ob künftig mit synthetischen Kraftstoffen, Batterien oder Wasserstoff gefahren werde. Neue Chancen umweltfreundlicher Mobilität sehen die Autoren unter anderem auch in E-Bikes oder Elektro-Tretrollern.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) mahnte ebenfalls baldige Entscheidungen an. "Gerade im Verkehrssektor brauchen wir mehr Einsparung von Emissionen, um die Klimaziele zu erreichen", sagte Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche der dpa. Ein wichtiges Instrument könne die Einführung eines CO2-Preises sein, der auch die Sektoren Verkehr und Wärme einschließe. Strom, Wasserstoff und grünes Gas könnten damit wettbewerbsfähig zu Öl, Diesel und Benzin werden.
Warnung vor staatlichen Eingriffen
Die FDP warnte vor weitreichenden staatlichen Eingriffen. "Auch wenn es in Deutschland gewiss nicht unüblich ist, Innovationen mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen, kann es nicht sein, dass es am Ende die Steuerzahler sind, die für unternehmerische Entscheidungen zur Kasse gebeten werden", sagte FDP-Fraktionsvize Frank Sitta. Die Linke-Verkehrspolitikerin Ingrid Remmers kritisierte die Einladung an die Branche. "Solange die Autohersteller den Dieselskandal nicht richtig aufarbeiten, müssen die Türen zum Kanzleramt für sie verschlossen bleiben." (dpa)
Gast-Jürgen