Von Sebastian Kunigkeit, dpa
Die "Ente" darf weiter über die Champs-Élysées rollen. Für organisierte Touristen-Fahrten, wie sie mit dem legendären Citroën 2CV angeboten werden, drückt Paris ein Auge zu. Von ein paar Ausnahmen abgesehen macht die französische Hauptstadt jedoch ernst: Alte Autos sind in der Stadt seit einigen Wochen tabu. Es ist erst der Anfang eines radikalen Plans, mit dem Paris endlich die Luftverschmutzung in den Griff bekommen möchte. Wer eine Erstzulassung vor 1997 im Fahrzeugschein stehen hat, muss seit dem 1. Juli vor der Stadtgrenze auf die Metro umsteigen. Das Verbot soll in den kommenden Jahren schrittweise ausgeweitet werden. Diesel-Fahrzeuge will die französische Hauptstadt bis 2020 sogar komplett verbieten.
Mit dieser Ankündigung hatte Bürgermeisterin Anne Hidalgo Ende 2014 für viel Wirbel gesorgt. Nach dem VW-Abgasskandal und der dadurch losgetretenen Debatte um Emissionswerte sehen ihre Mitstreiter sich erst recht auf dem richtigen Weg - per Verbots-Verordnung treibt das Rathaus die Pläne gegen alle Widerstände voran. "Der Diesel ist ein echter Gesundheitsskandal", urteilt der für Verkehr zuständige Beigeordnete Christophe Najdovski.
Der Handlungsbedarf ist groß. Entlang der Pariser Verkehrsachsen sind die Werte für Stickstoffdioxid und Feinstaub teilweise doppelt so hoch wie der Grenzwert. 1,5 Millionen Menschen in der Region sind Luftwerten ausgesetzt, die die geltenden Regeln nicht einhalten. Im vergangenen Jahr verzeichneten die Messstationen 26 Tage, an denen die Verschmutzung besonders hoch war: "Während einer Verschmutzungs-Spitze in Paris zu leben ist so, als würde man den Rauch von acht Zigaretten in einem Zimmer von 20 Quadratmetern einatmen", warnt die Stadt.
Zum Stickoxid- und Feinstaubproblem trägt auch bei, dass Frankreich lange auf Steuervorteile für Diesel gesetzt hatte. Zeitweise steckten deshalb in mehr als 70 Prozent der Neuwagen Dieselmotoren - dieser Trend hat sich aber deutlich umgekehrt, in diesem Jahr war bislang nur etwas mehr als die Hälfte aller neuen Fahrzeuge ein Diesel.
Ergebnisse der Verbote noch bescheiden
Die Ergebnisse der Pariser Verbote sind noch bescheiden, wie auch die Stadt einräumt. Man habe langsam angefangen, erklärt der Grünen-Politiker Najdovski, "damit die Leute sich das aneignen und es verstehen". Schon seit einem Jahr sind alte Lastwagen und Busse (vor 2001) verboten, seit 1. Juli auch die ersten Privatautos - Diesel und Benziner. Najdovski verweist auf Schätzungen, wonach die nun betroffenen Fahrzeuge etwa fünf Prozent der im Verkehr erzeugten Stickoxide ausmachen sollen. Noch droht bei Verstößen nur eine Ermahnung, doch die Daumenschrauben sollen schnell angezogen werden: Ab Oktober gibt es ein Bußgeld von zunächst 35 Euro, im kommenden Jahr steigt es auf 68 Euro.
Das freut natürlich nicht alle: Der Verband "40 Millionen Autofahrer" kritisiert die Maßnahmen als unsozial, weil ärmere Menschen sich keinen Neuwagen leisten könnten - und verweist darauf, dass viele für den Weg zur Arbeit auf ein Auto angewiesen seien. Die Kritiker ziehen auch die Umweltwirkung der Maßnahmen infrage. Und sie zitieren einen Experten, dass die betroffenen Autos schätzungsweise 50 Prozent ihres Wertes verlören. Der Verband reichte deshalb auch Klagen auf Entschädigung ein. Letztlich stellt sich auch die Frage, wie rigoros die Regeln durchgesetzt werden. Najdovski räumt ein, dass die Polizei nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November andere Prioritäten hatte, als das da schon geltende Verbot alter Lastwagen durchzusetzen.
Oldtimer-Freunde konnten immerhin durchsetzen, dass mehr als 30 Jahre alte Fahrzeuge mit französischem Sammler-Kennzeichen weiterhin nach Paris dürfen. Doch grundsätzlich lässt die Stadt sich nicht beirren: Die Sozialistin Anne Hidalgo meint ihre Kampfansage ernst. Im Sommer 2017 soll das Verbot auf Autos ausgeweitet werden, die vor 2001 zugelassen wurden.