Von Michael Specht/sp-x
Volvo legt seine neuen Plattformen konsequent auch auf alternative Antriebe aus. Schon mit der Absicht, künftig keine Fünf- und Sechszylindermotoren mehr in seine Fahrzeuge zu bauen, vollzog Volvo einen mutigen Schritt in Richtung CO2-Reduktion. Der auf der neuen, sogenannten SPA-Plattform (Scalable Product Architecture) basierende XC90, seit 2015 im Markt, läutete diese Strategie ein. Das Flaggschiff-SUV der Schweden fährt nur noch mit Vierzylindern, als Benziner, als Diesel und neuerdings auch als Plug-in-Hybrid. Branchenkenner sehen in diesem Schritt allerdings auch ein Risiko, besonders im Hinblick auf Amerika, wo Kunden in diesem Fahrzeugsegment gewöhnlich ein größeres Statusdenken an den Tag legen und Sechs- und Achtzylindermotoren bevorzugen. In Deutschland allerdings geht die Rechnung bislang bestens auf. Der XC90 ist so erfolgreich, dass die Lieferzeit teilweise bis zu einem Jahr beträgt.
Auf gleicher SPA-Basis und mit den gleichen Antrieben debütieren nächstes Jahr die Nachfolgermodelle des S80 und V70, die dann die Bezeichnung S90 und V90 tragen. Die Detroit Motor Show nutzt im Januar der neue S90 für seinen Auftritt, da die USA der wichtigste Markt für die Oberklasse-Limousine ist. China erhält eine Langversion. Auf dem Genfer Autosalon folgt im März der Kombi V90. Dessen Markteinführung steht für den Sommer an. In der zweiten Jahreshälfte 2016 dürfte Volvo dann das Outdoor-Modell V90 Cross Country zeigen.
2017 gilt als das Jahr der neuen 60er-Baureihe, also S60, V60 und XC60. Alle stehen auf der verkleinerten SPA-Plattform mit Fokus auf mehr Agilität und Effizienz. Zu hören ist, dass in S60 und V60 sogar der aus den VEA-Vierzylindern abgeleitete Dreizylinder-Turbobenziner Einzug halten soll. Der Direkteinspritzer hat einen Hubraum von 1,5 Litern. Alleine steht Volvo mit dieser Strategie nicht. BMW setzt in seinen 3er ebenfalls einen Dreizylinder gleicher Größe ein.
Zweite Architektur
Nahezu parallel mit der großen Plattform haben die Volvo-Ingenieure in Kooperation mit der chinesischen Konzernmutter Geely eine zweite Architektur entwickelt. Sie nennt sich CMA, was für Compact Modular Architektur steht. Auf beide Plattformen wollen die Schweden ihre gesamte Modellpalette stellen und mittelfristig einen jährlichen Absatz von 800.000 Fahrzeugen erreichen. "Wir erneuern innerhalb der kommenden vier Jahre unser komplettes Portfolio", sagt Entwicklungschef Peter Mertens.
SPA und CMA teilen sich die Antriebsstränge. Das gilt für konventionelle Motoren wie auch für Plug-in-Hybridfahrzeuge. Auch Kommunikation und Infotainment sowie Klimaanlage sind gleich. Nicht nur das sorgt für erhebliche Kosteneinsparungen. Auch die Produktionsprozesse sollen auf mehr Effizienz getrimmt werden. Und dass Volvo bei den Sicherheitssystemen ebenfalls modular vorgeht und breit streut, gilt als selbstverständlich. Ohnehin hat sich der schwedische Autobauer in dieser Sache ehrenvolle Ziele gesetzt. "2020 soll niemand mehr in einem neuen Volvo verletzt oder getötet werden", sagt Mertens.
Als erstes CMA-Modell dürften Volvo 2018 den XC40 präsentieren. Das Segment der Kompakt-SUV boomt und man hätte einen attraktiven Mitstreiter gegenüber VW Tiguan (neu 2016), Range Rover Evoque, Audi Q3 und BMW X1. Danach stehen die Debüts des Kombi V40 und dessen Derivats V40 Cross Country an.
Auf Elektrifizierung ausgelegt
Wie SPA wurde auch die CMA-Architektur vom Start weg auf Elektrifizierung ausgelegt. Zunächst wird Volvo die Plug-in-Hybridtechnik vorantreiben, und zwar für jedes künftige Modell. 2019 wollen die Schweden dann ein reines Elektroauto auf den Markt bringen. Erfahrungen sammelte man in einem dreijährigen Feldversuch mit 250 elektrischen C30-Modellen. Mittelfristig soll jeder zehnte Volvo mit einem elektrifizierten Antrieb vom Band rollen. "Die Zeit ist reif, dass elektrifizierte Autos vom Nischenprodukt zum Mainstream werden", sagt Vorstandschef Hakan Samuelsson, "wir befinden uns an einem Punkt, wo die Kosten-Nutzen-Kalkulation zur Elektrifizierung fast positiv ist." Gerne bedienen sich die Schweden dabei auch deutscher Hilfe: Als E-Mobilitäts-Partner hat Volvo sich Siemens ins Boot geholt.