Unter Wissenschaftlern ist eine Debatte über die CO2-Bilanz von Elektroautos entbrannt. Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hatte zusammen mit Kollegen der EU-Kommission in einem offenen Brief einen grundlegenden Rechenfehler vorgeworfen. Professor Christian Rehtanz von der TU Dortmund kritisierte dies am Dienstag: "Der Brief ist hochgradig peinlich. Es ist ein wissenschaftlich verbrämtes Lobbyistensschreiben, welches krampfhaft versucht, die Kolbenmaschinen (Lehrstuhldenomination von Prof. Koch des KIT) zu retten."
Professor Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung schrieb in einem Beitrag für das Science Media Center, Koch stelle die Frage, ob für den von E-Autos verbrauchten Strom der CO2-Ausstoß des Strommix insgesamt anzusetzen sei oder aber der CO2-Ausstoß des Grenzstrommix, also zusätzlich nötigen Stroms. Es "gibt Argumente für beide Positionen". Wissenschaftlicher Standard sei aber die Verwendung der Durchschnittsemissionen. Denn Grenzstromemissionen ließen sich nicht klar zuordnen. Zudem könnten E-Autos künftig als flexible Speicher für überschüssige Wind- und Sonnenenergie dienen.
Koch und andere Wissenschaftler hatten kritisiert, die CO2-Emissionen durch elektrische Verbraucher würden durch einen vereinfachten Mittelwertansatz viel zu niedrig berechnet. Patrick Jochem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt schrieb: "Der Artikel greift einen validen Punkt auf", greife aber an einer Stelle zu kurz. Denn E-Autos könnten die Energiewende in der Stromerzeugung beschleunigen und zu negativen marginalen Emissionen führen, "insbesondere, wenn man die E-Pkw als mobile Speicher" in das Energiesystem integriere.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) forderte, die Menschen müssten ihre E-Autos mit Ökostrom laden können. "Der Appell der Wissenschaftler an die EU-Kommission macht einmal mehr deutlich, wie dringlich der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien ist." (dpa)
Cornel P. Sels
Josef Schwab
Valik