Von Prof. Hannes Brachat, Herausgeber AUTOHAUS
Es ist der Fluch der Schnelllebigkeit, der selbst namhafte Persönlichkeiten rasch, zu rasch in die Vergangenheitsecke schiebt. Auch wenn wir heute mehr von der Zukunft als von der Vergangenheit lernen müssen, so gibt es Bleibendes aus der Vergangenheit, das Zeichen setzte und damit in hohen Ehren zu halten ist. Erst recht, wenn da eine Persönlichkeit dahinter steht, die ein phänomenales Lebenswerk aufweist. Die Rede ist hier von Ex-VDA-Präsident und Ex-BMW-Vertriebsvorstand Hans-Erdmann Schönbeck. Wahrlich, ein Sir! Vom Scheitel bis zur Sohle. In all seinen Aktionen und Auftritten von auffällig stilvollem Habitus. Er versteht zu inszenieren. Nicht nur die Eröffnungszeremonie einer IAA. Man darf darauf gespannt sein, mit welchen Elogen VDA-Präsident Matthias Wissman die Kanzlerin auf der IAA willkommen heißen wird, nachdem sie auf die Herren in der ersten Reihe stocksauer ist.
BMW richtete zum 90. Geburtstag von Hans-Erdmann Schönbeck einen besonderen Empfang aus. Das zeigt die außerordentliche Wertschätzung, die der Jubilar bis heute erfährt. Seiner humorigen Ader ist zu entnehmen, dass er geistig nach wie vor auch im 95. Lebensjahr sehr gut drauf ist. Auch optisch. Er gehört ohne Frage der Gattung der sehr gut aussehenden Herren an. Aber innen - so sagt er - ist inzwischen nun alles Chemie. Medizinischer Fortschritt!
Ich durfte Hans-Erdmann Schönbeck als BMW-Vertriebsvorstand erfahren. Diese Aufgabe füllte er von 1974 bis 1984 aus. Er betrieb in dieser Zeit wesenhaft die Internationalisierung des Konzerns nach vorne und ist zeitgleich der Urheber des BMW-Farben-Markenclaims "Weiß" in Kombination mit "Silber". Bitte, BMW-Werkstätten sollten in "Weiß" gestrichen werden. Als gäbe es nichts "Schwarzes" mehr in einer Werkstatt. Alles ist clean! Aus Freude am Fahren.
Als BMW-Vertriebschef führte er den ersten 7er ein. Dazu mussten selbst die ländlich georteten BMW-Händler erstmals mit Smoking und Fliege zur Präsentation auftreten. Da tat sich mancher BMW-Händler nicht nur mental schwer. Stil war gefordert! Von 1984 bis 1988 nahm der Jubilar die Aufgabe des VDA-Präsidenten wahr und wurde auch zeitgleich Präsident des Europäischen Automobilherstellerverbandes CLCA.
Karrierestart bei MAHAG
1948 startete der am 9. September 1922 in Breslau geborene Jubilar seine Karriere bei der MAHAG in München. "Katharina die Große" hatte ihn eingestellt. Erst in der Werkstatt. Das ging nicht lange gut. Schönbeck wollte nach vorne. Er landete gleich im Verkauf und setzte Maßstäbe. Es gelang ihm ein Großabnehmerabschluss, der in Wolfsburg eine Tagesproduktion darstellte. Sprich, er fielt damals schon "oben" auf. Aus der Rolle! Aus seiner MAHAG-Zeit resultierte seine lebenslange Verbundenheit zu MAHAG-Chef und ZDK-Präsident Fritz Haberl.
Seine Verkaufserfolge führten ihn dann 1968 nach Wolfsburg, und Konzernchef Prof. Kurt Lotz machte ihn unmittelbar zum Vertriebschef von der "Auto Union GmbH", was 1969 zur Verschmelzung mit NSU führte.
Hans-Erdmann Schönbeck hat mir mal erzählt, dass er auch für AUTOHAUS mehrere Beiträge schrieb. Seine MAHAG-Zeit mit der praktischen Handelserfahrung war die mentale Basis, dass er in all seinen Funktionen großen Respekt vor dem Handel hatte. Schönbeck in unserem aktuellsten Interview mit ihm: "Ich hatte auf all meinen Vertriebsstationen den Handel nicht nur im Auge, sondern war mir stets bewusst, dass ich vom Handel lebe. Ich wünsche mir mehr Verständnis zwischen Industrie und Handel." Er hat auf all seinen Wirkstationen stets den Handel mitgenommen, offen debattiert, kollegial begleitet und markante Impulse gesetzt. Hans-Erdmann Schönbeck gehört zu den Top-Managern die belegen, dass man auch anständig sehr erfolgreich sein kann. Ein Vorbild!
"Geschwader voller Schutzengel"
Da drehte Guido Knopp im ZDF eine Historiensendung zum Thema Stalingrad. Ich sah da in der Sendung Hans-Erdmann Schönbeck als militärischen Kommentator. Danach hatte ich die Möglichkeit ihn persönlich zu befragen. Schönbeck: "Was wenige wissen: Am 22. Januar 1943 lag der 1,83 Meter große Panzeroffizier, abgemagert auf 45 Kilogramm, erblindet in einem Erdloch in Stalingrad und wurde mit der letzten deutschen Maschine, die Stalingrad verließ, ausgeflogen." Schönbeck weiter: "Ich hatte in Stalingrad wirklich ein Geschwader voller Schutzengel." Hören sie mal an, was er bei Youtube zur "Schlacht und Stalingrad" sagt. Ergreifend! Über einen Vorgesetzten kam er später zur Gruppe um Graf Stauffenberg. Seine Eltern hatten in der Nähe von Breslau einen Gutshof, den sie wie zehn Millionen Heimatvertriebene verlassen mussten. Und so kam Hans-Erdmann Schönbeck 1948 nach München.
Hans-Erdmann Schönbeck trägt nicht nur den Bayerischen Verdienstorden, sondern auch das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Alle die ihn kennen, werden ihm zu seinem Jubeltag dankbare Glückwünsche übermitteln. Hans-Erdmann Schönbeck hat für uns alle automobilistisch Großartiges bewegt, inszeniert, verkörpert. Und als Freund und stets offener Begleiter des Automobilhandels sind wir ihm besonders dankbar! Sein Vorbild strahlt stets Zuversicht aus. Und das nehmen wir an seinem großartigen Tag offen und dankbar entgegen. Alles, alles Gute! Glückwunsch! Höchste Reputation!
Klaus Leim