Als erster Volkswagen-Konzernvorstand will der frühere Audi-Chef Rupert Stadler Betrug beim Verkauf von Dieselautos mit geschönten Abgaswerten gestehen. Mit einem schlichten "Ja" bestätigte Stadler am Mittwoch vor dem Landgericht München, dass er ein umfassendes Geständnis ablegen werde. Die Wirtschaftsstrafkammer hatte ihm dafür eine Bewährungsstrafe zugesagt.
Auch die Staatsanwaltschaft stimmte der Absprache zu. Damit sei die von der Wirtschaftsstrafkammer vorgeschlagene Verständigung zustande gekommen, stellte der Vorsitzende Richter Stefan Weickert fest. Das Urteil will er im Juni verkünden.
Nach Einschätzung der Kammer dürfte Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben, dass die Abgaswerte der großen Audi-Dieselmotoren manipuliert gewesen sein könnten. Statt der Sache auf den Grund zu gehen und die Händler zu informieren, habe er Produktion und Verkauf der Autos jedoch bis Anfang 2018 weiterlaufen lassen. Wegen Betrugs durch Unterlassen drohte ihm das Gericht deshalb mit einer Freiheitsstrafe - stellte ihm aber zugleich in Aussicht, diese bei einem umfassenden Geständnis und Zahlung von 1,1 Millionen Euro zur Bewährung auszusetzen.
Stadler-Geständnis kommt in zwei Wochen
Nach fünf Wochen Bedenkzeit stimmte der 60-jährige Stadler dem Angebot des Gerichts jetzt zu. Er werde dem Gericht sein Geständnis in zwei Wochen vortragen, kündigte sein Verteidiger Thilo Pfordte an.
Jahrelang hatte der ehemalige Audi-Chef seine Unschuld beteuert, seine Rolle als Aufklärer betont und gesagt, er sei von seinen Technikern hinters Licht geführt worden. Zuletzt rangen Verteidigung und Ankläger noch um die Höhe der Bewährungsauflage - Staatsanwalt Nico Petzka hatte zwei Millionen Euro gefordert. Aber mit der Verständigung ist der Weg für ein rechtskräftiges Urteil offen, das dem Gericht eine Revision und den anderen Beteiligten womöglich jahrelange weitere Rechtsstreitigkeiten erspart. Somit dürfte Stadler das Gericht bald als verurteilter Betrüger, aber als freier Mann verlassen.
Mitangeklagte haben bereits gestanden
Die drei Mitangeklagten - der ehemalige Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz, und zwei seiner leitenden Ingenieure - haben bereits gestanden, dass sie die Ausgestaltung der Motor-Software veranlasst hatten. Mit unzulässigen Abschalteinrichtungen hielten die Autos die Stickoxid-Grenzwerte zwar auf dem Prüfstand ein, aber nicht auf der Straße. So wollten sich die Autobauer den aufwendigen nachträglichen Einbau größerer Adblue-Tanks für die Abgasreinigung sparen.
Das Verfahren gegen einen schon früh als Kronzeugen aufgetretenen Ingenieur hatte die Kammer bereits vor vier Wochen eingestellt. Nacheinander stimmten dann dessen Chef Giovanni P., der Audi-Motorenchef und spätere Porsche-Vorstand Hatz und der ehemalige Vorstandsvorsitzende Stadler der vom Gericht allen dreien angebotenen Bewährungsstrafe zwischen eineinhalb und zwei Jahren zu. Nur im Fall von Hatz lehnt die Staatsanwaltschaft einen Deal ab und fordert eine Gefängnisstrafe.
Nach steilem Aufstieg folgte der Absturz
Rupert Stadler war 2007 Chef der Ingolstadter VW-Tochter geworden, als Nachfolger von Martin Winterkorn, der damals an die Konzernspitze wechselte. Unter Stadlers Führung hatte Audi Umsatz und Betriebsgewinn verdoppelt und Mercedes bei den Verkaufszahlen überholt. Als die US-Behörden Ende 2015 die Tricksereien bei VW-Dieselmotoren, wenig später auch bei großen Audi-Dieselmotoren bei den Modellen für den US-Markt aufdeckten, wähnte er sich lange sicher. Als der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Audi Mitte 2017 vorwarf, auch in Europa Autos mit Abschalteinrichtung verkauft zu haben, reagierte Stadler empört.
Dann folgte der Absturz. Ab Juni 2018 saß Stadler wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft - vier Monate lang, bis zu seinem Rücktritt als Audi-Chef und VW-Vorstandsmitglied. An den Volkswagen-Konzern hat er inzwischen wegen Pflichtverletzung 4,1 Millionen Euro gezahlt.
In Braunschweig stehen seit September 2021 vier frühere Topmanager des Volkswagen-Konzerns wegen möglichen Betrugs in der Dieselaffäre vor Gericht. Das Verfahren gegen den vormaligen VW-Konzernchef Winterkorn liegt krankheitsbedingt auf Eis.
Thom