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Autozulieferer: Zwischen Dieselskandal und Autokonjunktur

12.08.2016 08:58 Uhr
Die finanziellen Spielräume der Autozulieferer bleiben eng.

Die finanziellen Spielräume der Autozulieferer bleiben eng. Trotzdem geht es der Branche nicht so schlecht wie man angesichts der Horrorszenarien, die der Dieselskandal bei VW hervorgerufen hat, glauben könnte.

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Von Annika Grah, dpa

Seit Monaten bewegt sich die Autozulieferbranche zwischen Hoffen und Bangen. Der Abgasskandal bei Volkswagen beschert einigen Spezialisten gutes Neugeschäft, andere zittern vor dem Sparzwang des Branchenprimus. Continental etwa konnte sich im ersten Halbjahr zwar erneut auf sein Reifengeschäft als Gewinngarant verlassen, das klassische Autozuliefergeschäft lief aber deutlich schleppender. Bei anderen Lieferanten der Autoindustrie ist die Auftragslage angesichts der weltweiten Autokonjunktur dagegen gar nicht schlecht: Der Spezialist für Lackieranlagen Dürr hat seine Erwartungen an die Bestellung in diesem Jahr erhöht.

Bei der mit Zylinderkopfdichtungen groß gewordenen schwäbischen Firma Elring-Klinger drückte zuletzt die gute Auftragslage paradoxerweise auf den Gewinn, weil mehr Personal eingestellt werden musste und Kosten für Logistik und Qualitätsmanagement anfallen. Auch ZF Friedrichshafen verbuchte im ersten Halbjahr ein Umsatzplus.

Die Profitabilität der 100 größten Zulieferer sei im vergangenen Jahr gestiegen, sagt Jan Dannenberg, Partner der Strategieberatung Berryls Strategy Advisor. "Für dieses Jahr erwarten wir aber keine Steigerung, weil wir nicht die gleichen Umsatzzuwächse sehen werden." Die Preisreduzierungen der Hersteller ließen wenig Luft.

Sparkurs von VW

Einige Zulieferer spürten den Sparkurs von VW, so Dannenberg. "Zulieferer mit einer stärkeren Position bei Volkswagen werden fünf bis acht Prozent weniger Umsatz machen als vorher. Das bleibt auch nächstes Jahr noch so." Bei allen anderen Herstellern sehe man nicht mehr Druck als sonst auch üblich in der Branche - im Gegenteil: "Einige Zulieferer laufen am Limit, weil sie vorsichtige Umsatzzuwächse geplant haben", sagt Dannenberg.

Auch Felix Mogge, Partner der Strategieberatung Roland Berger, bezeichnet die hohe Auslastung als "Luxusproblem". "Probleme haben kurzfristig vor allem die Firmen, die ihre Kapazitäten in den letzten Jahren konsequent an den strukturell niedrigeren Markt angepasst haben - und dadurch mittelfristig Wettbewerbsvorteile haben."

Ihren Nutzen aus der branchenweiten Diskussion um hohe Abgaswerte ziehen vor allem auf Abgasreinigung spezialisierte Firmen. So bestellte Volkswagen etwa im Frühjahr Abgasklappen beim Rüstungskonzern Rheinmetall. 2017 wird die Einführung von Abgastests unter realen Fahrbedingungen zur Nachfrage beitragen, sagt Mogge. "Diese Entwicklung wird in den nächsten Jahren zu einer Sonderkonjunktur für diejenigen Hersteller führen, die solche Systeme anbieten." Das gelte perspektivisch auch für Benzinmotoren. Mit Daimler und Volkswagen hatten jüngst die ersten Hersteller Partikelfilter für Benziner angekündigt.

Enges finanzielles Korsett

Allerdings arbeiten die Zulieferer nach wie vor in einem engen finanziellen Korsett. Höhere Kosten werden von den Herstellern kaum akzeptiert und schon gar nicht an die Kunden weitergegeben. Ein Katalysator zur Stickoxid-Minderung etwa koste rund 500 Euro. "Das muss über Produktivitätszuwächse oder niedrigere Stückkosten aufgefangen werden", sagt Dannenberg.

Trotzdem: "Dass Hersteller von Abgassystemen profitieren, das wird erst einmal so bleiben." Der Anteil der Dieselmotoren werde weiter zurückgehen. Allerdings gibt es nach Einschätzung von Roland-Berger-Partner Mogge erste Anzeichen, dass sich der Verbrennungsmotor "vom hochinnovativen Produkt" zunehmend zu einem Gebrauchsgut entwickelt.

Volkswagen-Chef Matthias Müller hatte angekündigt, dass VW die Elektromobilität massiv ausbauen will. Das werde einen Schub für die Zulieferer in den nächsten Jahren geben, sagt Dannenberg. "Denn es gibt viele Regionen, in denen VW Marktführer ist", Elring-Klinger etwa hat schon vor Jahren bereits auf Elektromobilität gesetzt. Die Firma aus dem schwäbischen Dettingen liefert etwa die Zellverbindungen für die Batterien von BMWs Modell i3. Ab 2021 werde der Auftrag auf die Batterien der Hybridmotoren ausgeweitet, sagte Elring-Klinger-Chef Stefan Wolf bei der Verkündung der Quartalszahlen. Noch schwächelt der eher kleine Bereich und verzeichnet Umsatz- und Gewinnrückgänge. Die Elektromobilität sei aber eine langfristige Investition, so Wolf.

Trend hin zum Leichtbau

Auch der Trend hin zum Leichtbau dürfte nach Einschätzung des Branchenexperten Dannenberg mit Blick auf die CO2-Emissionsziele der EU nicht abreißen. "Es gibt fast keine Komponente, die nicht unter diesem Blickwinkel betrachtet wird." Darüber hinaus böten Fahrerassistenzen und automatisiertes Fahren gute Wachstumsaussichten, so Mogge. "In das Feld drängen aber auch Halbleiteranbieter und Elektronikhersteller."

Dank der guten Geschäfte dürfte die Zahl der Übernahmen weiter wachsen. Der Autozulieferer ZF kündigte am Donnerstag an, sein Nutzfahrzeuggeschäft mit der Übernahme des schwedischen Zulieferers Haldex für rund 460 Millionen Euro zu stärken. Das dürfte nicht der letzte Zukauf sein, glaubt Dannenberg. Die Firmen seien solide finanziert. "Die Käufer haben dick gefüllte Kassen, die Verkäufer sind attraktiv."

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