Ausgabe 03/2007: Symposium / Hohe Arbeitsbelastung, oft schlechte ...

Symposium / Hohe Arbeitsbelastung, oft schlechte Bezahlung und wenig Unterstützung – Verkäufer sein ist heute kein Traumjob. Lieber zu Aldi?von Kerstin HadrathKundenbefragungen und Mystery Shoppings zeigen immer wieder, dass zwischen den Ansprüchen an den Automobilverkäufer und seinem tatsächlichen Auftreten gegenüber dem Kunden oft Welten liegen. Daran hat auch die Zertifizierung zum Geprüften Automobilverkäufer nichts geändert. So eröffnet denn auch AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel das AUTOHAUS-Symposium "Automobilverkäufer" mit der Frage nach den Erfolgen in der Verkäuferausbildung. Die Vertreter der Hersteller sind sich einig, dass der zertifizierte Verkäufer in der Branche mittlerweile zum Standard geworden ist. Die zertifizierte Ausbildung und anschließende Weiterbildung ist die Grundlage für einen erfolgreichen Verkäufer, meint Justin Nolte, Leiter Händlerentwicklung und Qualifizierung bei Volkswagen. Die erfolgreiche Umsetzung der Inhalte ist Voraussetzung für das langfristige Überleben im Wettbewerb, so Nolte weiter. Dass sich die Qualifikation der Verkäufer verbessert habe, stellt auch Prof. Ralf Mertens fest. Gemessen an den selbst gesteckten Zielen habe man jedoch schlecht abgeschnitten. "Die Fluktuation hat sich nicht verringert, sie ist vielleicht sogar höher geworden. Die Qualität der Geschäfte, wenn wir sie an Erträgen festmachen, ist schlechter geworden. Das heißt, wir haben zwei von drei Zielen nicht erreicht", lautet Mertens Fazit. Image- und FührungsproblemFür Joachim Getz, Leiter Händlernetzentwicklung bei Suzuki, ist das schlechte Image des Verkäufers das Hauptproblem. Andreas Michael Bartelt, Marketing & Sales Manager bei Smart, betrachtet auch die Einstellung der Hersteller dem Verkäufer gegenüber kritisch: "Es wird sehr viel Geld für Marketing ausgegeben, sehr viel Geld für die Marke, für alles drumherum. Aber Verkauf, das ist eben nicht sexy." Mit der Auswahl geeigneter Bewerber wird nach Ansicht von Claus Reutter, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Reutter Group GmbH, der Grundstein für erfolgreiches Verkaufen gelegt: "Wenn man vorn eine Schmalspurauswahl macht oder mit den falschen Werkzeugen arbeitet, dann ist die ganze Weiterbildung nicht von übermäßigem Erfolg gekrönt." Hierbei sei das Management jedes einzelnen Autohauses in der Pflicht, denn nur ein Drittel des Erfolgs im Vertrieb gehen Reutter zufolge auf den Verkäufer zurück. Eine wesentliche weitere Komponente sei die Führungskraft, sie beeinflusse zu einem weiteren Drittel die Vertriebsleistung. Das letzte Drittel werde von den Marktgegebenheiten bestimmt. "Gutes Management wählt gute Mitarbeiter aus", bringt Reutter seine Meinung auf den Punkt. Auch Prof. Mertens attestiert den Autohäusern ein massives Führungsproblem, unter dem die Verkäuferarbeit sehr leide. "Wenn Verkäufer top geführt werden, brauchen wir nicht die Eier legende Wollmilchsau. Dann kommen wir mit dem Mittelmaß hin, das wir am Markt gut und bezahlbar finden", apelliert er an das Management.Verkäufer schon im HausFrank Winter, General Manager Lexus Deutschland, kritisiert den zunehmenden Verfall der Verkaufskultur in vielen Branchen, sie werde "gnadenlos auf dem Effizienz- und Profitaltar geopfert". Das führe dazu, dass der Verkäufer zwar den Ansprüchen des Marktes entsprechend ausgebildet werde, man ihm aber kein Heimatgefühl gebe. Stolz auf die eigene Leistung zu sein, stolz, für das Autohaus und die Marke zu arbeiten, das ist es, was Joachim Getz seiner Verkaufsmannschaft beibringen will. Doch die Bindung an den Betrieb beginnt nicht erst bei den zertifizierten Verkäufern, sondern schon bei den Auszubildenden. Sie sind es, die nach Meinung von Wolfgang Schumacher, Leiter Ford Marketing Institut, das Nachwuchsproblem im Vertrieb lösen könnten. "Kaufmännische Auszubildende sind die Klientel, um die sich der Unternehmer intensiver kümmern muss. In ihnen hat man seinen zukünftigen Verkäufer. Er ist bereits im Haus." Strategisch geplante Nachwuchsförderung ist auch für Claus Reutter der Weg zu einer guten Verkaufsmannschaft. "Die Ausbildung eigener Verkäufer wäre zwar nicht kurzfristig, aber nachhaltig die günstigste und wahrscheinlich auch für die Loyalität zur Marke und zum Unternehmen der erfolgreichste Weg." Dennoch werde die Ausbildung eigenen Nachwuchses gerade in Autohäusern mittlerer Größe oft vernachlässigt, weil man nicht bereit sei, drei bis fünf Jahre im Voraus strategisch zu denken. Doch wo geeignete Bewerber finden, wenn kurzfristig neues Verkaufspersonal benötigt wird? Hauke Drengenberg, Geschäftsführer der Kath GmbH, hat mit branchenfremden Bewerbern gute Erfahrungen gemacht. Der Blick werde noch viel zu selten über Branchengrenzen hinaus gerichtet. Dagegen sieht Stefan J. Gaul, Leiter Vertrieb und Kundenservice bei mobile.de, das Problem weniger bei fehlendem Personal, sondern bei den Prozessen im Autohaus. Der Verkäufer sei mit allem Möglichen beschäftigt, sein Tag bestehe zu 60 Prozent aus Verwaltungsarbeit. "Wir brauchen keine neuen Verkäufer", argumentiert Gaul, "wir müssen einfach gucken, was die Verkäufer, die wir haben, eigentlich den ganzen Tag machen." Gemessen am Aufgabenspektrum und der wöchentlichen Arbeitsbelastung verdiene der Verkäufer heute zu wenig, meint Prof. Mertens. Die Händler seien bereit, 2.500 bis 3.000 Euro monatlich zu zahlen, die Vorstellung der Bewerber bewege sich jedoch zwischen 4.000 und 5.000 Euro. Durchschnittlich 4.000 Euro brutto im Monat müsse man einem guten Verkäufer schon zahlen, der auf Sicht seine 120 Neuwagen im Jahr verkauft, pflichtet Hauke Drengenberg bei. "Da gehört automobiles Engagement dazu. Bei der Arbeitsbelastung als Verkäufer und 2.500 Euro Bezahlung könnte man sonst bei Aldi bei geregelteren Arbeitszeiten ähnlich viel verdienen", formuliert Drengenberg das Dilemma der Branche. Noch nicht up to dateDer virtuelle Vertriebsweg Internet zwingt den Verkäufer dazu, noch umfassender erreichbar zu sein, noch schneller zu reagieren. Doch auch hier machen die Verantwortlichen der Hersteller und der Internetverkaufsbörsen nach wie vor große Defizite aus. Alle drei Verkaufskanäle, Laden, Gebiet und Internet, erfolgreich zu betreuen, das sei von einer Person heute nicht mehr zu bewältigen, ist sich Stefan J. Gaul sicher. Manfred Seidel, Sales Director bei AutoScout24, sieht in der verspäteten Reaktion der Hersteller und Händler auf das Internet eine der Ursachen für den noch nicht effizienten Umgang mit diesem Medium. "Nur die wenigsten Verkäufer reagieren auf Anfragen aus dem Netz richtig. Den Verkäufern hat nie jemand erklärt, wie es gemacht werden muss." Im Gegensatz zu ihren Kunden informieren sich viele Verkäufer nicht via Internet über die Wettbewerbssituation, nutzen das Medium nicht, um ihre Arbeit vorzubereiten. "Das Internet und seine Instrumente finden im Vertrieb noch zu wenig Berücksichtigung", urteilt Seidel. Egal, ob Verkäuferaus- und -weiterbildung, angemessene Entlohnung, der Umgang mit neuen Medien oder eine Dienstleistungsbereitschaft, die den Erwartungen der Kunden entspricht – auf Hersteller- und Händlerseite gibt es weiterhin viele Baustellen. Hauke Drengenberg fasst die Wünsche des Handels den Verkäuferalltag betreffend zusammen: "Ein großes Anliegen unsererseits ist es, dass die Hersteller ihre Prozesse verschlanken, Bürokratie und Papierkram abbauen und dem Handel auch ein Stück weit vertrauen."

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