Ausgabe 20/2009: Liquidation statt Sanierung

InformationLiquidation statt SanierungUnternehmen in der Krise E Die Abwicklung eines Kfz-Handelsbetriebs kann für Händler und Hersteller vorteilhafter sein als eine Sanierung „um jeden Preis“. von Peter W. Plagens und Dr. Franz-Ludwig Danko *Eine Antwort auf den zunehmenden Konzentrationsprozess für Kfz-Handelsbetriebe dürfte nach Auslaufen der Abwrackprämie zunehmend schwieriger werden. Es steht heute fest, dass nicht alle Betriebe überleben werden. Vor diesem Hintergrund kann eine rechtzeitige Abwicklung bzw. Liquidation eines Händlerbetriebs sinnvoller sein, als vergebliche Sanierungsbemühungen oder das Warten auf die Insolvenz mit den damit verbundenen Risiken.Nach einem zu erwartenden Gesamtabsatz für das Geschäftsjahr 2009 von ca. 3,7 Mio. Neufahrzeugen rechnet die Branche für 2010 mit allenfalls 2,7 Mio. Neufahrzeugen und somit mit einem Absatzeinbruch von knapp 30 %.In verschiedenen Veröffentlichungen wurde auf die Situation des Handels hingewiesen, unter anderem in einer Studie der Beratungsgesellschaft Roland Berger („Wenn die Abwrackprämien auslaufen, bewegt sich das Insolvenzrisiko für die deutschen Automobilhändler auf etwa 30 bis 40 Prozent zu. ... Bis zu 30.000 Stellen könnten dort wegfallen.“ Roland Berger Sales Agenda 2009/ 2010, 28.08.2009) sowie Prof. Dr. Willi Diez („Von den heute 11.000 Autohäusern werden bis 2015 nur rund 6.000 übrig bleiben“, autohaus.de, 13.07.2009), aber auch Ankündigungen der Hersteller, wie z. B. des VW-Vorstandsmitglieds Christian Klingler vom 11.09.2009 in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Es stellt sich die Frage, wie die ohnehin schon gebeutelte Branche mit dieser neuen Herausforderung umgehen soll – zumal diese Konzentrationsprozesse in Kombination mit fallenden Renditen und einer oftmals nicht hinreichenden Eigenkapitalausstattung für die Branche nicht neu sind.Bisherige LösungsansätzeBereits seit vielen Jahren gibt es eine Fülle von Sanierungsbemühungen, die von hierauf spezialisierten Beratern (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, etc.) für die Branche angeboten werden. Viele dieser Sanierungen haben jedoch in den letzten Jahren kein befriedigendes Ergebnis erzielt oder sind gescheitert, da die Rahmenbedingungen in der Branche schwierig sind und an die kaufmännische Führung im Autohaus heutzutage hohe Anforderungen gestellt werden.Im Zuge der Sanierung von Autohäusern ist zu differenzieren zwischen finanz- und leistungswirtschaftlichen Maßnahmen. Insbesondere im leistungswirtschaftlichen Bereich (Neuwagenverkauf, Gebrauchtwagenverkauf, Service etc.) wurden Fehler gemacht, die sich in einer finanziellen Schieflage der Handelsbetriebe bemerkbar machen. In diesem Zusammenhang haben Sanierungsspezialisten häufig leistungswirtschaftliche Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt, um beispielsweise die Höhe der absoluten und relativen Deckungsbeiträge im Neu- und Gebrauchtwagenbereich anzuheben, die Produktivität im Servicebereich zu verbessern oder hohe Kapitalkosten, z. B. durch überzogene Rauminvestitionen, falsche Finanzierungen und/oder zu hohe Zinsen, zu reduzieren. Diese Sanierungsmaßnahmen waren nicht selten auch mit einem „down sizing“ der Betriebe verbunden sowie einer möglichen Neuausrichtung der Unternehmensstrategie, einer Konzentration oder dem Wechsel von Marken und keineswegs selten auch durch (Teil-) Verkauf und/oder Fusion der betreffenden Betriebe. Solche Bemühungen werden auch in der Zukunft weiterhin erforderlich sein, jedoch muss kritisch hinterfragt werden, ob in der heutigen Zeit die Sanierung „um jeden Preis“ wirklich zielführend ist. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Reduzierung der Händlernetze wird sich der eine oder andere Händler mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass sein Unternehmen unter langfristig strategischen Gesichtspunkten zukünftig möglicherweise kein tragfähiges Konzept mehr aufweisen wird. Somit sind neue Lösungsansätze gefragt.Neue LösungsansätzeSollte sich beispielsweise bei einer eingehenden Analyse herausstellen, dass der Betrieb nicht überlebensfähig ist und eine Sanierung keinen Sinn macht bzw. sich nach Rücksprache mit dem Hersteller/ Importeur ergibt, dass der von dem Händler betriebene Standort künftig nicht mehr relevant ist, erhebt sich die Frage, wie damit umzugehen ist. Es kann durchaus Sinn machen, den Betrieb rechtzeitig zu liquidieren, ohne eine Sanierung vorzunehmen. Der Preis einer Sanierung „um jeden Preis“ ist möglicherweise die Verschlimmerung der bestehenden Situation und in der Folge, nach Aufbrauchen auch noch der restlichen privaten Reserven, der Gang in die Insolvenz mit allen unangenehmen Folgen. Alternativen könnten sein:stille Liquidation/AbwicklungVerkauf (M&A-Aktivitäten) wie Asset-Deal + anschließender Liquidation der leeren Rechtsträgerhülle, Share-Deal, getrennte Vermarktung der Autohaus-Immobilien durch Verpachtung/VerkaufInsolvenzplanverfahren (ggf. in Eigenverwaltung ohne Insolvenzverwalter, zur Abwicklung, zur Sanierung)Reguläres Insolvenzverfahren zur AbwicklungAndere Formen des Marktaustritts (z. B. Verschmelzung, Auf-, Abspaltung)Kombinationsformen der o.g. MöglichkeitenEine stille Liquidation, oftmals kombiniert mit einem außergerichtlichen Vergleichsverfahren oder einem Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel einer Liquidation des Autohauses, ist bei Zeiten eine sinnvollere Alternative, als das bereits zitierte „Weitermachen um jeden Preis“. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Hersteller/Importeur eine Optimierung des Händlernetzes möglicherweise auch forciert und den freiwilligen Marktaustritt fördert, z. B. durch eine rechtzeitige Einigung über eine Abfindung des §89b HGB-Anspruches und/oder durch einen „goldenen Handschlag“, kann diese Form des Marktaustritts aus Sicht des Händlers weitaus mehr Vorteile bieten als die häufig praktizierte „Vogel-Strauß-Politik“. Letztere führt i.d.R. am bitteren Ende doch zur Insolvenz.Die Vor- und Nachteile von Liquidation und Insolvenz sind in der Übersicht unten dargestellt.Die vorgenannten Lösungsansätze und die Vorteile für den Kraftfahrzeughandelsbetrieb werden sicherlich nicht in allen Fällen zutreffend sein. Im Einzelfall muss durch eine Analyse in Verbindung mit einer Abstimmung des Herstellers/Importeurs festgestellt werden, ob dieser Weg beschritten werden soll. Eine frühe Analyse hilft immer, Haftungsrisiken zu minimieren und vielleicht – sollte sich wider Erwarten die Insolvenz nicht vermeiden lassen – mittels eines Insolvenzplans eine Insolvenz in Eigenregie und ohne Insolvenzverwalter (sog. Eigenverwaltung) durchzuführen. Aber auch für Hersteller und Importeure können sich erhebliche Vorteile dadurch ergeben, dass die Chance besteht, in relativ kurzer Zeit das Händlernetz zu optimieren. Hierzu sollte der Hersteller den Händler ermuntern, den Weg der stillen Liquidation als ernsthafte Alternative zu prüfen, und dieses Vorhaben auch finanziell fördern. Dies kann durch den bereits erwähnten Anspruch nach § 89b HGB oder durch sonstige finanzielle Stützungsmaßnahmen geschehen, die auch mit den Hersteller-/Importeurbanken abgestimmt werden können, um im Vergleichswege zu einer endgültigen Schuldenbereinigung auch auf der Privatebene des Händlers zu kommen. zKurzfassungDie Anzahl sanierungsbedürftiger Autohandelsunternehmen hat stark zugenommen. Die Abwrackprämie hat deren steigende Anzahl nur kurzzeitig gebremst. Manche Sanierungsspezialisten versuchen teilweise um jeden Preis, ein Autohaus vor der Insolvenz zu bewahren, obwohl eine genaue Analyse kein zukunftsfähiges Konzept erkennen lassen würde. Andere Ansätze können sowohl für Händler als auch für Hersteller zielführendere Maßnahmen darstellen und ein finanzielles Fiasko auch im privaten Bereich des Händlers vermeiden.Liquidation vs. InsolvenzStille Liquidation mit außergerichtlichem Vergleich mit dem Ziel der Liquidationz Verlustreduzierung durch rechtzeitige Abwicklung z Oftmals geringere Kosten und Verluste als im regulären Insolvenzverfahrenz Möglichkeit zur Realisierung des § 89b HBG-Anspruches inkl. sonstiger Unterstützungen durch den Hersteller/Importeurz Größere Vergleichsbereitschaft der übrigen Gläubiger, insbesondere der Kreditinstitute z Reduzierung der persönlichen Haftungsgefahren, insbesondere bei Gefahr einer Insolvenzverschleppungz Reduzierung der Gefahren, Straftatbestände zu begehenz Möglichkeit auch für den Privatbereich im Vergleichswege den wirtschaftlichen Ruin zu vermeiden z Endgültige Schuldenbereinigung, auch auf der privaten EbeneReguläres Insolvenzverfahren ggf. kombiniert mit einem Planverfahrenz Größere Verluste/Kosten durch das reguläre Insolvenzverfahren z Oftmals private Insolvenz bzw. ruinöse private wirtschaftliche Situationz Erhebliche Haftungsrisiken im Zuge der Insolvenz, einer möglichen Insolvenzverschleppung z Mögliche Strafbarkeitsrisiken infolge einer möglichen Insolvenzverschleppungz Imageverlustz Verlust der Alleinentscheidungskompetenz der Eigentümer bzw. Geschäftsführer, Übergang der Verantwortlichkeit auf den Insolvenzverwalterz Neustart nach Restrukturierung durch sanierungsfreundliches Insolvenzrecht, z. B. durch erleichterte Kündigungsmöglichkeiten z Sonderregelungen zugunsten der Haftung des Erwerbers bei Kauf aus der Insolvenzmasse

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Liquidation statt Sanierung

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