Ausgabe 08/2012: Kampf der Sparten

Kampf der SpartenUnternehmen – Teil 1: Warum im Autohaus die Abteilungen oft gegeneinander arbeiten und wie sich dieser Teufelskreis auswirkt. von Volker Witzleben*Es ist verrückt, aber viel zu häufig Realität: in vielen Firmen der Automobilbranche werden die Kräfte nicht gebündelt, um zufriedene Kunden aufzubauen und zu erhalten. Das Gegenteil ist der Fall! Nicht der Kunde steht im Mittelpunkt des Interesses, sondern die eigene Abteilung, die eigene Kostenstelle. Der Grund: Der Inhaber oder Geschäftsführer misst die Leistung der Spartenverantwortlichen ausschließlich an deren Spartenergebnis. Und damit beginnt der Teufelskreis, in dem nicht Kunde & Wertschöpfungskette im Vordergrund stehen, sondern das durchaus nachvollziehbare Streben nach bestmöglichen „eigenen“ Ergebnissen. Unbewusst werden so jede Menge Fehlentscheidungen getroffen, andere für das Gesamtunternehmen wichtige und notwendige Beschlüsse werden vertagt oder „ausgesessen“.Abteilungsegoismus kann geschäftsschädigend seinAbteilungsleiter denken primär an die eigene Kostenstelle. Kein Wunder, lockt doch am Jahresende eine saftige Jahresprämie, die es zu sichern gilt. Und so werden Vorschläge, welche die eigene Sparte nicht belasten, für gut befunden, andere mit allen zur Verfügung stehenden Argumenten abgelehnt. Der Abteilungsleiter ist zwar Unternehmer im Unternehmen, steht aber im direkten Wettbewerb zu seinen Abteilungsleiterkollegen. Und dies wirkt sich in vielerlei Hinsicht kontraproduktiv aus:■ In den Geschäftsleitungssitzungen nehmen Diskussionen über die Verteilung der Gemeinkosten einen großen Raum ein. Statt über sinnvolle Investitionen und Maßnahmen zum Wohle der Firma zu entscheiden, wird die Zeit für nutzlose Debatten verschwendet. ■ Im Neuwagengeschäft zwingt der enor-me Wettbewerbsdruck dazu, den hereinzunehmenden Gebrauchtwagen marktgerecht zu kalkulieren. Dies gilt auch für notwendige Instandsetzungen, bevor der Gebrauchte verkaufsfertig präsentiert werden kann. Wenn es hier zu einer völlig losgelösten Betrachtungsweise durch die beteiligten Sparten kommt, gibt der Neuwagenbereich möglichst wenig Nachlass, der Gebrauchtwagenbereich kalkuliert mit entsprechendem Sicherheitspolster und der Service verrechnet intern zu Preisen, die das Gesamtgeschäft meist nicht hergibt. Die logische Konsequenz daraus – das Geschäft machen andere, und zwar:■ Betriebe, die eine derartige Bewertung eher oberflächlich durchführen und sich irgendwann aus dem Markt verabschieden.■ Kleinere Einheiten, bei denen der Chef den Verkauf leitet.■ Unternehmen, bei denen jede Sparte ihren Beitrag zur Erhaltung des Gesamtgeschäfts leistet. Mit einer derartigen Kalkulation werden mehr Neuwagen verkauft, mehr Gebrauchte hereingenommen und von der eigenen Werkstatt aufbereitet. Alle drei beteiligten Sparten generieren mehr Geschäft – allerdings mit weniger Ertrag, mit niedrigeren Deckungsbeiträgen pro Geschäftsvorgang. Der Mehrwert wird durch mehr Volumen und durch zufriedenere Kunden generiert.Jeder gegen jedenGibt es hierzu eine sinnvolle Alternative? Ich meine: Nein! Die Kunden, die sich keine weitere Kauf- bzw. Verkaufsquelle ansehen, werden immer seltener. Die Möglichkeiten des Internets und die Vielfalt des Angebots machen heute den Markt transparenter denn je. Und deshalb gilt in der Gegenwart mehr denn je die alte Bauernweisheit: „Man kann die Kuh am Tag nur einmal melken!“Obwohl der Gebrauchtwagenbereich in nahezu jedem Unternehmen der umsatzstärkste und damit der beste Kunde des Servicebereichs ist, wird dieser eher stiefmütterlich behandelt. Aufträge der GW-Abteilung werden zu Gunsten von Endkundenaufträgen verschoben. Aus Sicht des Servicebereiches durchaus verständlich. Doch mit jedem weiteren Tag steigen die Kosten für den Gebrauchten. Die Standzeit 1 (von der Hereinnahme bis zur verkaufsfähigen Präsentation des Fahrzeugs) steigt rasch auf zwei und mehr Wochen an. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit eines positiven Geschäftes erheblich. In vielen Firmen geht der Gebrauchtwagenbereich dann vor lauter Verzweiflung fremd. Er wendet sich an externe Dienstleister, die schneller und kostengünstiger arbeiten. Aus der Betrachtung des GW-Bereichs ein kluger Schachzug. Doch kann dies im Interesse des Gesamtunternehmens sein?Jeder Autohaus-Profi kennt die Binsenweisheit: „Der Verkauf verkauft das erste Fahrzeug, der Service das zweite.“ Und die Praxis? Da schimpft der Service auf den Verkauf und der Verkauf auf den Service. Neidvoll werden die „Schlipsträger“ und deren vermeintlicher Traumjob von Mitarbeitern der Werkstatt kommentiert. Und der Verkauf rächt sich: „Was wir vorne mühsam aufbauen, machen die da hinten mit einem Mal kaputt.“ Und der Kunde nimmt diese Stimmung zumindest unbewusst wahr.So sollte die Realität seinDer Kunde steht im Mittelpunkt sämtlicher Entscheidungen. Sparteninteressen werden ernst genommen und in die Gesamtstrategie integriert. Sie bilden jedoch nicht mehr die Grundlage des häufig destruktiven Handelns.Kunden erleben Ihr Autohaus aus einem Guss. Beim Werkstattaufenthalt ist der intern vorab informierte Verkäufer anwesend und baut so einen weiteren Kontakt für den nächsten Fahrzeugverkauf auf. Der Kunde wird es als wohlwollend empfinden, wenn neben der Werkstatt auch der Vertrieb von ihm Notiz nimmt. Und der Verkäufer muss dem Kunden nicht hinterherrennen, um einen Termin bei ihm zu bekommen. So ganz nebenbei ein nicht zu unterschätzender Beitrag zu mehr Effizienz und Kundenzufriedenheit im Verkaufsgeschäft.Welche weiteren Auswege es aus dieser schwierigen, aber bei weitem nicht unlösbaren Situation gibt, lesen Sie im zweiten Teil demnächst in AUTOHAUS. ■Lesen Sie hier...... welche Gefahren lauern, wenn Sie Ihr Unternehmen zu spartenorientiert führen, und welche Perspektiven es gibt (Teil 2), aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Autohaus KurzfassungEine zu straff geführte Spartenorganisation führt zu nicht ausgeschöpften Potenzialen. Und das sind die zu befürchtenden negativen Auswirkungen: 1. Abteilungsinteressen stehen im Vordergrund, die Kunden und die damit einhergehenden Wertschöpfungsketten werden zu wenig beachtet.2. Weniger Umsatz bei Neu- und Gebrauchtwagen.3. Fehlende interne und externe Umsätze für den Servicebereich.4. Nachlassende Kundenzufriedenheit und Reduzierung der Kundenloyalität.

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