Ausgabe 09/2011: Hoffnungsschimmer

HoffnungsschimmerEuropa E Welche Chancen Europaparlamentarier Dr. Andreas Schwab für eine Verbesserung der Rechte der Autohändler sieht. Von Doris Plateandreas Schwab sitzt seit 2004 für die Christdemokraten im Europaparlament. Der Abgeordnete aus Freiburg ist Koordinator der EVP-Fraktion im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und Binnenmarktpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. Wir befragten ihn zu den Chancen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für unsere Branche auf Europa-Ebene zu verbessern.AH: Herr Dr. Schwab, obwohl sich das EU-Parlament vor einem Jahr massiv für den Autohandel in Sachen Branchen-GVO eingesetzt hat, soll ab Juni 2013 nun die Schirm-GVO auch im Autovertrieb gelten. Sehen Sie derzeit noch eine Möglichkeit des EU-Parlaments, dies zu beeinflussen?Dr. A. Schwab: Das Wettbewerbsrecht unterfällt grundsätzlich der Zuständigkeit der Europäischen Kommission. Das Parlament hat hier kein echtes Mitspracherecht, es kann nur Stellung nehmen. Kurz vor Verabschiedung des neuen Regelwerks haben aber verstärkt Gespräche zwischen Parlament und Kommission stattgefunden, die zu leichten Anpassungen der neuen Gruppenfreistellungsverordnung (GVO), beispielsweise bei der Marktüberwachung oder dem Bestandsschutz, geführt haben. Wir werden nun sehr aufmerksam die Entwicklung in den nächsten drei Jahren verfolgen und die Kommission bei Gelegenheit daran erinnern, ihr Versprechen, die Marktentwicklung in den kommenden Jahren zu prüfen und in Missbrauchsfällen Abhilfemaßnahmen zu treffen, ernst zu nehmen. Sollten sich von Seiten des Handels und der Verbraucher Anzeichen ergeben, dass sich die Situation verschlechtert, werden wir das Thema wieder zu Sprache bringen.Small Business Act hilft nichtAH: Die Gutsherrenart, in der die Europäische Kommission im Bereich Wettbewerb entscheidet, bringt viele Marktteilnehmer auf. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung in der demokratischen Kontrolle der Arbeit der EU-Kommission in diesem Politikbereich?Dr. A. Schwab: Formell hat das Parlament kein Mitspracherecht in diesem Bereich. Es wäre allerdings schon wünschenswert, wenn die Kommission auch bei künftigen Vorhaben im Gebiet des Wettbewerbsrechts das Parlament in die Diskussionen einbeziehen würde. Dies hat Wettbewerbskommissar Almúnia auch zugesagt. Auch in seiner Entschließung vom 28. April 2010 hatte das Parlament den Ansatz, proaktiv zusammenzuarbeiten, mit Blick auf eine verbesserte politische Akzeptanz von Beschlüssen der Kommission ausdrücklich begrüßt. AH: Vor allem der zukünftige Wegfall des Rechts, den Vertriebsvertrag an einen Markenkollegen ohne Zustimmung des Herstellers weiterverkaufen zu können, entwertet die Investitionen des Mittelstandes. Dabei gibt es einen Small Business Act in der EU, der kleinere und mittlere Unternehmen, zu denen die Autohändler zweifelsohne gehören, stärken soll. Kann der Small Business Act den KMU im Autohandel noch helfen?Dr. A. Schwab: Für die Schirm-GVO konkret leider nein, obwohl sich das Parlament in seiner Entschließung vom 28. April 2010 gegen die Abschaffung der in der Kfz-GVO enthaltenen Händlerschutzbestimmungen als Teil der im „Small Business Act“ enthaltenen Grundsätze ausgesprochen hatte. Grundsätzlich hat die Kommission aber den klaren Auftrag, bei jeder Gesetzesinitiative die Interessen insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) zu berücksichtigen. Die Mitgliedsstaaten selbst sind gehalten, bei der Umsetzung von Richtlinien den Mittelstand zu unterstützen, um bürokratische Hürden abzubauen. Bei den neuen Regelungen für die Automobilbranche wird generell eine Stärkung des Wettbewerbs auf dem Ersatzteilemarkt erwartet. Aufgrund des Wegfalls der Händlerschutzbestimmungen, wie etwa der Übertragung innerhalb des Netzes, wird das Parlament aber kritisch die Entwicklungen – insbesondere mit Blick auf den Arbeitsmarkt und KMUs – verfolgen. Das Risiko besteht, dass es zu einer Schwächung der Händler kommen wird. Sollte die Kommission daher bei der Marktüberwachung feststellen, dass es tatsächlich zu Missbräuchen bzw. zu einer Schwächung des Wettbewerbs auf dem Primärmarkt kommt, wäre über eine Verlängerung des bis 2013 noch geltenden Rahmens nachzudenken. AH: Der Investitionsschutz gewinnt im Kfz-Gewerbe immer mehr an Bedeutung. In den EU-Ländern gibt es unterschiedliche Regelungen. Mit Binnenmarkt hat das wenig zu tun. Deswegen hat der ZDK nun den Vorstoß gemacht, den Geltungsbereich der sogenannten Handelsvertreterrichtlinie auch auf die Vertragshändler auszudehnen. Wie sehen Sie die Chancen für diesen Vorstoß?Dr. A. Schwab: Es ist richtig, dass eine der großen Hürden des Binnenmarktes nach wie vor in der Rechtszersplitterung liegt. Langfristig werden wir nicht umhinkommen, einheitliche Regelungen in den binnenmarktrelevanten Bereichen – wie beispielsweise dem Wettbewerbsrecht – zu schaffen. Bei der Frage der möglichen Ausdehnung der Handelsvertreterrichtlinie auf Vertragshändler hat natürlich grundsätzlich die Kommission das Initiativrecht. Allerdings ist dies sicherlich ein Punkt, in dem das Parlament den Dialog mit der Kommission suchen kann. Verbraucherschutz wichtigAH: Verbraucherschutz wird in der EU groß geschrieben. Für den deutschen Autohandel sind die Auswirkungen enorm: Verbraucherkreditrichtlinie, Versicherungsrichtlinie, Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung sind hier nur einige Stichworte. Das ist schon kontraproduktiv, denn kein Verbraucher liest all das. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung? Dr. A. Schwab: Es ist natürlich das Anliegen des Parlaments, insbesondere der EVP-Fraktion, nicht noch weitere bürokratische Hürden für kleine und mittlere Unternehmen zu schaffen. Schließlich sollen alle Akteure die Vorteile des Binnenmarktes uneingeschränkt nutzen können. Gleichzeitig ist aber Verbraucherschutz ebenso wichtig. Deshalb versuchen wir bei der Gesetzgebung, pragmatische Lösungen zu finden, die einen Mittelweg zwischen Unternehmen und Verbrauchern gleichermaßen schaffen. AH: Was wird beim Verbraucherschutz in den nächsten Jahren noch auf die Autohändler zukommen? Dr. A. Schwab: Derzeit wird auf europäischer Ebene die Verbraucherrechte-Richtlinie verhandelt, die u. a. das Kaufrecht mit seinen Gewährleistungsrechten und -fristen betrifft. Hierbei steht momentan aber nicht zu befürchten, dass es zu Neuerungen im deutschen Recht kommt, denn das Parlament hat den Text der ehemaligen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie im neuen Regelwerk auf Basis der Mindestharmonisierung belassen. Bis zur endgültigen Richtlinie ist es noch ein weiter Weg, da die Verhandlungen mit dem Ministerrat und der Kommission noch nicht beendet sind. Auch bei dieser Richtlinie haben wir als Parlament, insbesondere als EVP-Fraktion, nach pragmatischen Lösungen gesucht, um die Interessen von Unternehmen und Verbrauchern gleichermaßen zu wahren.AH: Herr Dr. Schwab, herzlichen Dank für das Gespräch!KurzfassungDas Parlament hat im Wettbewerbsrecht, zu dem die GVO gehört, kein echtes Mitspracherecht. Es kann nur Stellung nehmen. Gleichwohl will es das Thema wieder zu Sprache bringen, wenn es Anzeichen für eine Verschlechterung der Situation gibt. Der Small Business Act wird den Händlern in diesem Zusammenhang aber nicht helfen, meint Schwab. Wegen der neuen Verbraucherrechte-Richtlinie wird es seiner Meinung nach aber nicht zu Änderungen im deutschen Recht kommen müssen.

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