Ausgabe 05/2014: "Bewusst entscheiden"

Anfang letzten Monats hat Fiat seine Händlerverträge für alle Konzernmarken ordentlich zum Februar 2016 gekündigt. Über die Gründe sprach AUTOHAUS mit Eric Laforge, Vorstandsvorsitzender Fiat Group Automobiles Germany, und Udo Kirk, Director Network Development bei Fiat in Deutschland.AH: Was waren die Gründe für die Vertragskündigungen zum Februar 2016?Eric Laforge: Die Automobilindustrie in Europa befindet sich weiterhin in der Krise. Das wirkt sich für Hersteller und Handel auch auf die Margen aus. Unser Ziel ist es daher, unsere Marken höher zu positionieren. Dazu genügt es aber nicht, künftig die Produkte höher zu positionieren. Wir müssen auch die Kundenansprache verbessern. Das geht aber nur mit einem voll engagierten Händlernetz, das diese Strategie mittragen will. Nicht alle Händler wollen diesen Kulturwandel, aber jetzt müssen sie sich bewusst entscheiden, ob sie den Weg mitgehen wollen oder nicht."Alle Händler gleich behandeln"AH: Weshalb haben Sie die Händler im Vorfeld nicht über Ihre Pläne informiert?E. Laforge: Wir wollen alle Händler gleich behandeln, daher sollten alle Händler markenübergreifend zum selben Zeitpunkt informiert werden, nachdem wir unsere Strategie erläutert hatten [Anm. d. Red.: im Rahmen der Händler-Convention am 5. Februar]. Diese Gleichbehandlung schafft man nicht, wenn man nur Teile des Netzes vorab informiert, zum Beispiel über die Händlerverbände, in denen ja nicht alle Händler organisiert sind.AH: Was sind Ihre nächsten Schritte?E. Laforge: Die Händler, bei denen wir davon ausgehen, dass sie zu unseren Marken stehen und unserer Strategie vertrauen, erhalten parallel mit den Kündigungen einen Letter of Intent. Das heißt aber nicht, dass wir mit Händlern, die keinen LoI erhalten, nicht weiter zusammenarbeiten wollen. Wenn ein Händler sagt, er vertraut unserer Strategie und ist bereit zu investieren, dann bin ich der Erste, der sagt: Komm zurück in unser Netz.AH: Wie überzeugen Sie Ihre Händler?Udo Kirk: Im Frühjahr wird unser Konzern-CEO Sergio Marchionne die globale Produktstrategie aller Marken von Fiat Chrysler Automobiles vorstellen. Danach werden wir den Händlern, die mit uns zusammenarbeiten wollen, diese Produkte detailliert vorstellen.AH: Wann werden die Händler die neuen Verträge erhalten?U. Kirk: Im Sommer. Dann haben die Händler bis Jahresende Zeit zu entscheiden, ob sie unterzeichnen oder nicht. Wir wollen ein klares Bekenntnis unserer Händler. Deshalb geben wir auch Zeit, alle Informationen zu berücksichtigen, gerade in Hinblick auf die Produktoffensive ab 2015.AH: Worin werden sich die neuen von den alten Verträgen unterscheiden?E. Laforge: Die neuen Verträge werden sich nicht wesentlich ändern. Was wir ändern werden, sind die Margensysteme und einige Standards.U. Kirk: Diese Änderungen werden vor allem das Thema Personal betreffen, zum Beispiel die Kundenansprache oder die Verkaufsprozesse. Außerdem müssen wir bei Fiat die kleineren "B-Händler" integrieren. Für sie sind die Minimal-Standards oft zu hoch. Deshalb wollen wir die Standards herabsetzen, damit die guten "B-Händler" Teil unseres künftigen einstufigen Netzes bleiben können.AH: Was ändert sich beim Margensystem?U. Kirk: Das Margensystem basiert aktuell stark auf den Volumina. Wir werden aber auch in Zukunft Händler haben, die zwischen 70 und 150 Autos pro Jahr verkaufen. Die wollen wir auch an Bord halten und ihnen die Möglichkeit geben, ein gutes Geschäft zu machen.Nicht alle müssen investierenAH: Zwingt der neue Vertrag alle Händler zu Investitionen?U. Kirk: Nicht alle. Ziel ist es ja nicht, die Gebäudestandards zu erhöhen. Ziel ist es, die Prozesse zu verbessern und unsere Produkte wie auch die Vertriebsleistung höher zu positionieren.E. Laforge: Wir werden auch Prozesse vereinheitlichen und Details vereinfachen. So wird es in Zukunft ein einheitliches Fliesendesign geben. Aber entscheidender ist zum Beispiel, dass unsere Händler teilweise erst nach 48 Stunden auf Internet-Leads reagieren. In 48 Stunden ist der Interessent längst beim Wettbewerber. Da gibt es gute Chancen, künftig mehr Autos zu verkaufen. Unter anderem dafür entwickeln wir Standards, Tools und Trainings.AH: Wie beteiligen Sie die Händler bei der Entwicklung der neuen Verträge?E. Laforge: Wir sind in Kontakt mit den Verbänden, unabhängig davon werden die Vertragstexte im Wesentlichen bereits auf den zuletzt abgestimmten Versionen beruhen.200 Einheiten pro Point of SalesAH: Wie viele Händler werden Sie in Zukunft haben?E. Laforge: In der einen oder anderen Region haben wir heute zu viele Händler. Also werden wir das Geschäft dort auf weniger Partner konzentrieren, die damit mehr Absatz generieren können. Lassen Sie mich über das Volumen pro Betrieb sprechen. Heute sind das durchschnittlich etwa 100 neue Fiat Pkw pro Point of Sales pro Jahr. In Zukunft sollen es 200 sein. Was Jeep und Alfa Romeo betrifft: 80 Prozent der Händler werden künftig diese beiden Marken mit Premium-Potenzial zusammen vertreten. Für sie rechnen wir in toto mit durchschnittlich 180 Autos pro Jahr und Standort.U. Kirk: 50 Prozent aller Händler verkaufen bereits jetzt beide Marken. Wir forcieren diese Kombination auch deshalb, weil die nächsten zwei Jahre keine einfache Zeit für die Alfa-Romeo-Händler sein werden. Diese Übergangsphase werden wir also durch die Jeep-Erfolge überbrücken.AH: Wie viele Fahrzeuge wollen Sie 2014 verkaufen?E. Laforge: Unser Ziel liegt bei drei Prozent Marktanteil über alle unsere Konzern-Pkw-Marken.AH: Wie ist der Stand bei Fiat Professional?E. Laforge: Weil praktisch alle Fiat-Pkw-Händler auch einen Fiat-Professional-Vertrag haben, werden auch diese Verträge gekündigt. Die Händler, die Teil der Fiat-Pkw-Zukunft sein wollen, werden auch Teil der Fiat-Professional-Zukunft sein können.AH: Die A-Händler werden künftig die Großhandelsmarge verlieren ...U. Kirk: Dazu werden wir im Einzelgespräch gute Lösungen suchen und finden. Vielleicht können ja andere Konzernmarken helfen, künftig wegfallende Margen zu kompensieren.AH: Erhalten Händler ohne neuen Vertrag Ausgleichszahlungen?E. Laforge: Dazu gibt es gesetzliche Regelungen, die wir selbstverständlich berücksichtigen werden.AH: Wie ist der Status in Sachen Transportkostenstreit?E. Laforge: Wir glauben, dass wir die richtigen Schritte getan haben. Das ist ein laufendes Verfahren, lassen Sie uns das Urteil der Richter abwarten.AH: Vielen Dank für das Gespräch!Kurzfassung1. Ziel der ordentlichen Vertragskündigung ist laut Fiat-Deutschland-Chef Eric Laforge und Netzentwickler Udo Kirk die Erhöhung der Netzqualität.2. Noch im Sommer werden die neuen Verträge verschickt. Sie werden sich laut Fiat nicht wesentlich ändern.3. Die Händler sollen dann entscheiden, ob sie die strategische Neuausrichtung des Konzerns mittragen möchten oder nicht.

Ausgabe 05/2014: "Bewusst entscheiden"

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