Digitaler An- und Zukauf: An der Quelle

Wer sich intensiv mit dem Thema Gebrauchtwagenhandel auseinandersetzt, der kommt um die zahlreichen, zum Teil sehr neuen Plattformen für den GW-An- und -Zukauf nicht drum herum. Es scheint fast, dass monatlich neue dazukommen. Der Handel tastet sich erst langsam an diese neuen Möglichkeiten heran, wie man an den Ergebnissen des aktuellen pulsSchlags ablesen kann (s. S. 22 f. in diesem Heft). Aktuell nutzt etwa jeder Dritte befragte Händler solche Plattformen für seine Geschäfte. Die Konzepte, die diesen Online-Portalen zugrunde liegen, ähneln sich zwar auf den ersten Blick, variieren dennoch deutlich. AUTOHAUS hat sechs der aktuell bekanntesten Plattformen* unter die Lupe genommen und Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede aufgezeigt. Auto1.com Die bekannteste Plattform, das bestätigt auch das Ergebnis des aktuellen AUTO-HAUS pulsSchlag, ist Auto1.com. Die Firma mit Sitz in Berlin verspricht Autohändlern eine schnelle Registrierung und den sofortigen Zugang zu aktuell ca. 8.000 Gebrauchtwagen. Das Händlernetzwerk besteht aus über 10.000 geprüften Gebrauchtwagenhändlern in ganz Europa. Primäre Zulieferquelle sind privat genutzte Fahrzeuge. Einmal registriert, bekommt der Händler einen festen Ansprechpartner aus der Bestandkundenbetreuung, der rund um das Thema Zu- und Abverkauf betreut. Auto1.com verspricht, dass alle Fahrzeuge durch Kfz-Experten geprüft und eventuelle Schäden ausführlich und transparent dokumentiert werden. Einmal erworben, wird das Fahrzeug für einen einheitlichen Tarif von 150 Euro (netto) aus allen Auto1.com-Logistikzentren ins Autohaus gebracht. Beim Abverkauf wird das Fahrzeug zunächst über eine Tablet/PC--Lösung bewertet, woraufhin der Händler gleich darauf einen verbindlichen Preis genannt bekommt. Fällt die Kaufentscheidung, wird das Fahrzeug innerhalb von 72 Stunden abgeholt. Über die Kooperation mit der Bank 11 bietet Auto1.com exklusive Finanzierungsrichtlinien für Händler an. Besonders stellt das Unternehmen um den Geschäftsführer Robert Lasek das Produkt "Null Risiko Inzahlungnahme" in den Fokus. Es soll Partner-Händlern die Risiken des Inzahlungnahmegeschäfts wie insbesondere gebundenes Kapital, Platzmangel oder die Gefahr, einen Kunden zu verlieren, auf Null reduzieren. Es gibt keine Anmelde-, Mitglieds- oder Gebotsgebühren und es werden auch keine Mindestabnahmemengen gefordert. Auch beim Zukauf sollen bei der Null-Risiko-Inzahlungnahme keine Gebühren anfallen. Am Ende jeder Bewertung bietet die Plattform stets einen verbindlichen Ankaufspreis - ohne Abzug von Provisionen oder sonstiger Vermittlungsgebühren. Bis zum Ende des Jahres rechnet Auto1.com mit mehr als 150.000 gehandelten Autos. Carebid Den Weg der Auktion geht Carebid. Das Unternehmen mit Sitz in Tönisvorst versteht sich als Plattform für Autohäuser und Autohausketten, Flottenvermarkter und Fuhrparkbesitzer - und somit als reiner Player im B2B-Geschäft. Das Carebid-Team nimmt vor Ort die Fahrzeuge und Daten auf und will Autohäusern damit die Arbeit mit der Ware weitestgehend abnehmen. Es stellt die Fahrzeuge auch in die Auktion ein und übermittelt am Ende die Ergebnisse gebündelt. Die Autohäuser sollen wenig Risiko haben, denn "Brief und Blech" bleiben vor Ort bis zur Bezahlung. Carebid verfügt über einen permanenten Bestand von 75 bis 100 Fahrzeugen pro Woche und arbeitet aktuell mit knapp 40 Händlern und Handelsketten mit entsprechenden Niederlassungen zusammen. Zwei Mal pro Woche gibt es neue Angebote. Die Einlieferer sind national aufgestellt, die Käufer international vertreten. Der Zukauf ist einfach gestaltet: Wenn die Registrierung mit den entsprechenden Dokumenten erfolgt ist, kann auf die Autos geboten werden. Durch Anzeige eines Ampelsystems sieht der Käufer auch schnell, ob er im grünen Bereich ist. Nach erfolgreichem Zuschlag am Ende der Auktion kann der Händler sofort mit dem Abholschein vor Ort das Auto abholen. Kosten entstehen auf Käuferseite keine, der Einlieferer erhält nach dem einzuliefernden Volumen ein entsprechendes Angebot. Aktuell beschränken sich die zusätzlichen Dienstleistung auf Angebote und Kooperationen mit Gutachtern und Logistikern. Bis zum Jahresende sollen Händler ihre Fahrzeuge auch selber einstellen können. Zusätzlich wird an einem Tool gearbeitet, das den Händlern vor Ort bei der Einpreisung der Händlerfahrzeuge behilflich sein soll. Dabei soll aktuelles Zahlenmaterial aufgrund der Ergebnisse aus den Auktionen ermöglichen. Carebid rechnet bis zum Ende des Jahres mit circa 4.500 bis 5.000 verauktionierten Fahrzeugen. Carexgo Auf ein etwas anderes Geschäftsmodell setzt das Unternehmen Carexgo, welches erst am 2. September und zunächst bundesweit gestartet ist. Nutzer finden auf der Seite www.carexgo.de aktuell vier Werkzeuge: die Handelsoptionen Kauf, Verkauf, Auktion und erstmals auch den vollautomatisierten Tausch von Fahrzeugen via Wertausgleichszahlung. Dabei kauft und/oder verkauft die Carexgo selbst keine Fahrzeuge und arbeitet auch nicht mit einem Provisionsmodell, bei dem etwa ein Teil des Kauf- bzw. Verkaufspreises an das Unternehmen fließen würde. Innerhalb dieser Werkzeuge gibt es verschiedene kostenpflichtige, aber auch kostenfreie Dienstleistungen. Kosten, welche unseren Nutzern entstehen, werden in Form von Gebühren und nicht als Provision oder irgendwie sonst gearteter Anteil am Kauf- bzw. Verkaufspreis, erhoben und separat, also losgelöst vom Preis des zu handelnden Fahrzeugs, abgerechnet. Genauere Informationen zu den Preisen können Nutzer über die Plattform einfordern. Das Tool "CarsNew" soll zu jeder Zeit einen kompletten Überblick über den aktuellen Automarkt vermitteln. Damit wenden sich die Betreiber von Carexgo auch und besonders an Händler, welche oft sehr schnell jene Fahrzeuge im Internet finden müssen, die sie schnell und günstig kaufen können, um sie dann gewinnbringend weiter zu verkaufen. "CarsNew" ermöglicht verschiedene Suchen gleichzeitig. Mit "Cars" präsentiert die Plattform einen weiteren Aggregator, dessen Fokus im Unterschied zu "CarsNew" aber auf einer zeitlich unbegrenzten Darstellung der Fahrzeugangebote und der intelligenten Bewerbung jener Angebote liegt. Für diese intelligente Bewerbung haben die Betreiber eigenen Aussagen zufolge mittels langfristiger Analysen und der eigenen Erfahrung Algorithmen entwickelt, welche sich an den Kauf- und Verkaufsstrategien von Profis aus dem Autohandel orientieren. Diese Algorithmen werden wiederum genutzt, um für Verkäufer bzw. für jedes Fahrzeugangebot Verkaufspakete zu erstellen, die dafür sorgen sollen, dass das jeweilige Fahrzeugangebot in Cars bestmöglich beworben und gerankt wird. Hinter dem dritten Tool "Cars24" verbirgt sich eine Nonstop-24-Stunden-Autoauktion. Private als auch professionelle Anbieter haben hier die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge inklusive eines gewünschten Mindestgebots einzustellen und innerhalb von 24 Stunden die besten Gebote in Echtzeit für jene zu bekommen. Nach diesen 24 Stunden sollen die Verkäufer dann nicht nur ein konkretes Kaufangebot für ihr eingestelltes Fahrzeug erhalten, sondern kennen zudem anhand der erhaltenen Gebote den tatsächlichen, aktuellen Marktwert ihres Fahrzeugs. Mit dem vierten Werkzeug, "Cars-Ex", soll es möglich sein, Autos online via Wertausgleichszahlung zu tauschen. Dealerdirect Die Dealerdirect-Gruppe, vertreten in den Niederlanden, Belgien und Deutschland, versteht sich als zentrales Gebrauchtwagenportal. Derzeit sind etwa 8.000 Autohändler registriert und haben Zugang zu über 2.000 Fahrzeugangeboten täglich. Autohändler können sich jederzeit über das Dealerdirect Portal die aktuellen Angebote ansehen, nach Belieben filtern, interessante Angebote identifizieren und sofort darauf bieten. Bestandskunden werden zudem telefonisch auf neue Angebote hingewiesen. Stimmt der Verkäufer dem Gebot zu oder ist sein gewünschter Verkaufspreis erzielt, wird das Fahrzeug dem Händler mit dem höchsten Gebot vermittelt. Der Kaufvertrag wird also zwischen privatem Verkäufer und Autohändler geschlossen. Die Plattform nimmt dabei eine Vermittlerposition ein, über sie werden die Kontaktdaten zwischen beiden Vertragsparteien ausgetauscht und sie will den beiden Parteien beratend über die Hotline zur Seite stehen. Der Händler muss dann lediglich noch den Übergabetermin mit dem Verkäufer vereinbaren. Händler können selbst angeben, ob sie die Autos abholen oder ob der Verkäufer das Auto bei ihm abliefern sollte. Die Bezahlung des Fahrzeugs erfolgt meist in bar vor Ort bei Übergabe. Das Bieten auf Gebrauchtwagen ist bei Dealerdirect kostenfrei, erst bei der endgültigen Kaufzusage fallen Kosten in Form einer Provision an. Dealerdirect hat in jedem der drei Länder einen anderen Namen für das Gebrauchtwagenportal, auf dem private Verkäufer ihr Auto anbieten können. In Deutschland ist dies ichwillmeinautoloswerden.de. Letztlich fließen alle Daten in einen Pool, sodass Händler - egal von wo aus sie arbeiten - auf ein Fahrzeug bieten können, das sie interessiert. Für Händler ist dealerdirect.eu die richtige Adresse für einen effektiven Ankauf. Im Laufe des nächsten Jahres sollen noch weitere europäische Länder hinzukommen. Easyautosale Easyautosale, ein deutschlandweit agierendes Tochterunternehmen von Auto-Scout24, stellt sich als eine Online-Vermittlungsbörse von Gebrauchtwagen vor, die ausschließlich an Autohändler verkauft werden. Bei der Plattform verkaufen private sowie gewerbliche Verkäufer ihren Wagen an geprüfte und autorisierte Händler, die verdeckt ihre Kaufangebote abgeben. Verkäufer sollen von einer unverbindlichen Werteinschätzung profitieren sowie von einem möglichst einfachen und rentablen Verkaufsprozess. Aktuell wird an der Anpassung der Dealerdirect-Website für die mobile Nutzung mit Smartphone und Tablet gearbeitet, um damit den Zukauf von unterwegs zu vereinfachen. Wegen der Vollintegration des Services von easyautosale bei AutoScout24 steht den aktuell registrierten 1.300 Händlern eine große Auswahl individueller Fahrzeuge aller Marken und Modelle inklusive FIN-Angaben zur Verfügung. Die Angebotslaufzeit beläuft sich auf maximal fünf Werktage. Kosten entstehen für den Händler bei erfolgreichem Kauf eines Fahrzeugs. Die Höhe der Gebühren richtet sich dabei nach der Höhe des Fahrzeugpreises, der Verkauf eines Fahrzeugs ist kostenlos, ebenso die Anmeldung bei dem Online-Portal. Da die schnelle Vermittlung von Fahrzeugen angestrebt ist, soll kein großer Bestand an Fahrzeugen aufgebaut werden. Eigenen Angaben zufolge sind die Fahrzeuge im Schnitt zwei bis drei Tage online, da viele Privatverkäufer die Option des Sofort-Verkaufs nutzen, um ihren Wagen sofort verbindlich zu verkaufen. Gebote werden auf der Inseratsseite verdeckt abgegeben und sind nur für den Verkäufer sichtbar. Der Händler kann gleich sein Maximalgebot eingeben und der Verkäufer entscheidet, an wen er letztlich den Zuschlag für sein Auto vergibt. Ein zusätzlicher Service von Easyautosale ist die sog. Ankaufgarantie. Neben dem Zukauf von Fahrzeugen wird Vertragshändlern ermöglicht, ihre Inzahlungnahmen über die Plattform direkt weiter zu vermarkten. Noch bevor ein Händler ein Fahrzeug seines Kunden in Zahlung nimmt, kann er bei easyautosale einen Garantiepreis anfragen und mit diesem sein Neuwagengeschäft absichern. 2014 wurden über easyautosale Gebrauchtwagen im Wert von über 100 Millionen Euro verkauft, bis zum Ende dieses Jahres wird eine deutliche Zunahme dieser Zahl erwartet. Sellanycar Das Online-Portal Sellanycar ist erst seit Sommer dieses Jahres im deutschen Markt aktiv, sammelte aber bereits in den vergangenen Jahren Erfahrungen in der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar und in Saudi-Arabien und ist eigenen Angaben zufolge der größte Autoankäufer im arabischen Raum. Wie auch bei den anderen Plattformen möchte man bei Sellanycar den Verkauf von Gebrauchtwagen für Privatpersonen und den Ankauf von Autos für Gebrauchtwagenhändler vereinfachen. Das Unternehmen verfügt über zehn Standorte, an denen Privatpersonen, die ihr Auto verkaufen möchten, dieses inspizieren lassen können. Die Daten und der Zustand werden zeitgleich online an hunderte angeschlossene Händler weitergeleitet. Diese bieten in Echtzeit auf das Auto. Der Kunde kann die Auktion live übers Tablet verfolgen. Ist der Kunde mit dem Höchstgebot einverstanden, kann er sein Auto direkt vor Ort lassen. Sellanycar kümmert sich um die Kaufabwicklung, die Abmeldung und den Transport des Wagens zum Händler mit dem höchsten Gebot. Ähnlich wie bei einigen anderen der vorgestellten Fahrzeuge sollen die Fahrzeuge schon während der Live-Auktion abverkauft werden, so dass das Unternehmen über keinen dauerhaften Bestand verfügt. Ausnahmen sind so genannte "deal offers", die für Händler auf der Website einsehbar sind. Hier handelt es sich um Fahrzeuge, bei denen die Privatkunden das Kaufangebot abgelehnt haben. Händler haben hier eine Woche lang die Möglichkeit, ein neues Angebot zu machen, das Sellanycar dem Kunden weiterleitet. Der Händler hat es während des gesamten Ankaufprozesses nicht mit einem Privatkunden zu tun, Geschäftspartner ist immer Sellanycar. Das Unternehmen arbeitet mit Aufschlägen auf Fahrzeuge, die auf Sellanycar. com gehandelt werden. Der Preis, den der Händler online angezeigt bekommt, enthält die Marge der Plattform bereits. Das Unternehmen versteht sich als Partner bei Inzahlungnahmen: Der Händler kann das Auto direkt an das Unternehmen weiterverkaufen, anstatt einen Wagen zu behalten, den er eigentlich gar nicht will. Möchte ein Kunde also beim Händler ein Auto in Zahlung geben, kann der Händler es schon bei der Hereinnahme an die Plattform verkaufen - Bilder, Daten und Zustand übermittelt er einfach online. Kurz darauf wird dem Händler ein verbindliches Kaufangebot vorgelegt. Dann weiß der Händler, welchen Preis er dem Kunden bei der Inzahlungnahme bieten kann. Und er weiß, dass er auf dem in Zahlung genommenen Wagen nicht sitzen bleibt. Außerdem können Händler dank responsiver Website und Apps den Ankauf auch von unterwegs managen. Push-Benachrichtigungen bei interessanten Fahrzeugen sorgen dafür, dass Händler auf ihren mobilen Endgeräten in Echtzeit verfolgen können, welche Fahrzeuge auf der Plattform gerade live versteigert werden. Bis zum Ende des Jahres rechnet das Unternehmen mit einigen tausend Transaktionen und will innerhalb der nächsten Monate zu den Top-3 der Gebrauchtwagenankäufer in Deutschland gehören. Kurzfassung Plattformen für den An- und Zukauf von Gebrauchtwagen schießen momentan wie Pilze aus dem Boden. Die einen wählen den Weg der Auktion, die anderen bieten einen Tausch via Wertausgleich, wieder andere vermitteln, während einer direkt verkauft.

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