Viel wurde bislang in den Medien geschrieben über den Abgas-Skandal bei Volkswagen. Auch in den sozialen Netzwerken ist das Thema omnipräsent. Wer sich auf Facebook oder über Twitter zum "Dieselgate" mitteilt, wünscht sich zuallererst konkrete Informationen zu betroffenen Fahrzeugen (43,8 Prozent), den konkreten Folgen für die Abgaswerte (32,8 Prozent) und den betroffenen Dieselmotoren (32 Prozent). Das zeigt ein neues Social Media-Screening des Marktforschungsunternehmens Puls.
"Da sich im Web 2.0 vor allem die vom VW-Skandal direkt betroffenen Personen äußern, werden an dieser Stelle bereits klare Informationsdefizite von VW zum Ablauf und der Organisation der aus dem VW-Skandal resultierenden Rückrufaktionen deutlich", kommentieren die Nürnberger Branchenbeobachter in ihrer Analyse.
Neben den unmittelbaren Informationen sind die User auch an Fragen zur Rolle und Reaktion der VW-Führung interessiert. Dabei geht es um (möglichen) Betrug durch das Management (30,5 Prozent), die Verantwortung (22,6 Prozent) und die Zeitdauer der Reaktionen (20,3 Prozent). Ebenfalls diskutiert werden im Social Web die Folgen des Skandals, besonders mögiche Strafzahlungen für die Wolfsburger (29,6 Prozent) sowie die Auswirkungen auf die Umwelt (14,4 Prozent) und die Reputation des Autobauers (12,4 Prozent).
Bei der neuen Auswertung arbeitet Puls mit den auf automatisierte Textanalyse spezialisierten Lehrstühlen der Universität Leipzig und der Hochschule Hof zusammen. Im Unterschied zu klassischen Kundenbefragungen decke das Social-Media-Screening die direkten und spontanen Bewertungen aus dem "täglichen Leben der Kunden" auf, hieß es. Die Marktforscher konnten dabei im deutschsprachigen Web 2.0 knapp 12.000 qualitativ aussagefähige Beiträge extrahieren. 90 Prozent dieser Kommentare wurden kurz nach Bekanntwerden des Skandals verfasst.
Zu langsam reagiert
Mit dem Tool ließen sich direkte Kundenreaktionen proaktiv aufzeigen und eine Markenbeschädigungen vermeiden, erklärt Puls-Chef Konrad Weßner. Unternehmen sollten "im Fall der Fälle" auf mögliche kritische (oder auch positive) Beiträge im Web 2.0. schnell reagieren können, um Spekulationen, Gerüchte und ein Hochschaukeln negativer Kommentare zu vermeiden. "VW hat sich hier wohl etwas zu lange Zeit gelassen."
Betroffenen Unternehmen legt Weßner nahe, zuallererst die Fragen anzugehen, die in sozialen Medien aufgeworfen werden. So hätte VW die negativen Folgen von "Dieselgate" wohl durch drei Maßnahmen abmildern können: Schnelle und strukturierte Informationen zur Organisation der Rückrufe, persönliche Verantwortungsübernahme ohne Wenn und Aber sowie das Aufzeigen möglicher Folgen für den Konzern.
Weßner: "Social-Media-Screening versetzt Unternehmen in die Lage, auf der Grundlage authentischer Bewertungen involvierter Personen frühzeitig zu agieren und Markenbeschädigungen vorzubeugen. Erst wenn diese 'Hausaufgaben' erledigt sind, entfalten Vertrauenskampagnen wie die VW-Werbung 'Es geht um mehr als ein Auto' ihre Wirkung." (se)
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