Im Autoservice wird mit immer härteren Bandagen um Kunden gekämpft: Die hoch verschuldete Werkstattkette ATU sorgt jetzt für eine neue Eskalationsstufe. Seit Jahresbeginn locken die Weidener mit einer "Tiefstpreis-Garantie" für Ersatzteile inklusive Einbau. Unterfüttert wird die Kampagne mit einem großen Preisvergleich im Internet. Dabei werden verschiedene ATU-Angebote denen von regionalen Vertragshändlern gegenüber gestellt – unter namentlicher Nennung der Autohäuser.
Die Tiefstpreis-Garantie läuft unbefristet, wie ein ATU-Sprecher auf Anfrage erklärte. Sie gilt für alle Ersatzteile aus dem Sortiment und bis 14 Tage nach Kaufdatum. Findet der Kunde bei Anbietern innerhalb eines Umkreises von 30 Kilometern einer ATU-Filiale eine günstigere Offerte und legt diese in schriftlicher Form vor, zahlt die Werkstattkette die Differenz.
Bei seinem Online-Preisvergleich konzentriert sich ATU auf Bremsbeläge und Stoßdämpfer. Aufgelistet werden hauptsächlich Fahrzeuge deutscher Marken. Der Sprecher wollte sich nicht näher dazu äußern, warum nur zwei Leistungsbausteine dargestellt werden, betonte aber: "Unser Ziel ist Transparenz. Wir wollen mit der Aktion unsere Preisvorteile gegenüber dem Wettbewerb deutlich machen." Die Angebote der Händler habe das Unternehmen selbst recherchiert.
Aus rechtlicher Sicht können die Markenwerkstätten den ATU-Vergleich wohl kaum beanstanden. "Nachdem die den Vergleichspreis anbietenden Vertragshändler explizit benannt werden, wird man nicht ohne weiteres von einem Wettbewerbsverstoß ausgehen können", erklärte Rechtsanwalt Walter Sattler von der Münchner Kanzlei G. Haug & Partner. "Es lässt sich nur dann ein Angriffspunkt begründen, wenn es sich z. B. bei den von einem Vertragshändler angebotenen Bremsbelägen um Originalteile handelt, und der ATU-Preis für – qualitativ mindere – Ersatzteile anderer Hersteller gilt."
Auch die Tiefstpreis-Garantie ist nach Einschätzung des Juristen "wettbewerbsrechtlich nicht angreifbar, weil die Voraussetzungen unter denen die Differenz für einen günstigeren Preis bezahlt wird, näher erläutert werden". Die Werbung sei nur dann unlauter, wenn die Behauptung nicht der Wahrheit entspreche. Sattler: "Grundsätzlich gilt, dass derartige Superlative bzw. Alleinstellungsmerkmale irreführend sind, wenn etwa ein Konkurrenzunternehmen nachweisen kann, dass es für dieselbe Leistung, also ein Ersatzteil inklusive Montage, einen niedrigeren Preis verlangt."
Bonität herabgestuft
ATU ist seit Jahren auf Schlingerkurs. Nachdem sich 2010 und 2011 Sanierungserfolge abgezeichnet hatten (wir berichteten), ging es im vergangenen Jahr laut der Ratingagentur Moody's wieder bergab. Demzufolge sank der Umsatz 2012 wegen eines schleppenden Geschäfts mit Winterreifen um 1,6 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Die schwache Performance mache es in den nächsten Monaten schwierig, die Refinanzierung sicherzustellen, teilte Moody's in dieser Woche mit. Das Unternehmen stufte deshalb die ATU-Bonität auf "höchst spekulativ" herab.
Mit seinen rund 13.000 Mitarbeitern betreibt der Fast-Fitter europaweit knapp 650 Werkstätten, davon rund 600 Betriebe in Deutschland. Das Unternehmen gehört seit 2004 dem US-Finanzinvestor KKR. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hofft die Beteiligungsgesellschaft, noch in diesem Jahr einen Käufer für ATU zu finden und so um eine weitere Kapitalspritze herumzukommen. Bereits Anfang 2008 musste KKR mehr als 100 Millionen Euro zuschießen. (rp)
Einen Kommentar von Prof. Hannes Brachat zur ATU-Attacke lesen Sie im heutigen "HB ohne Filter"
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