Von Peter Lessmann, dpa
Er kommt auf leisen Sohlen daher, ist flink, wendig, umweltfreundlich und ein Zusteller der besonderen Art: Der elektrogetriebene Transporter der Deutschen Post, kurz Streetscooter genannt, gehört zu den Lieblingsprojekten von Jürgen Gerdes. Der umtriebige Manager aus dem Unternehmensvorstand der Post, verantwortlich für Briefe, eCommerce und Pakete, hat Großes vor. Der gesamte Fuhrpark des gelben Riesen um Paket- und Briefzustellung soll mittelfristig auf E-Transporter umgestellt werden. Bis zu 70.000 Fahrzeuge könnten das einmal werden. "Wir sind Betreiber einer der größten Fahrzeugflotten in Deutschland", erklärt Gerdes. Und die müssten mehr und mehr emissionsfrei werden.
Bis Anfang 2017 will der Logistikkonzern entschieden haben, ob er den Streetscooter auch für Dritte baut. Die Nachfrage sei groß, sagt Gerdes am Dienstag bei der Präsentation des 1.000. Streetscooters in Aachen. "Es gibt noch keine finale Entscheidung, dass wir an Dritte verkaufen. Aber ich persönlich würde mich wundern, wenn wir es nicht täten."
Die Deutsche Post - jetzt auch ein Autobauer? Konzernchef Frank Appel winkt ab: Ein Automobilkonzern wolle die Post nicht werden. Aber er sei überzeugt von dem Produkt, sagte er vor wenigen Wochen, als der Streetscooter als Vorreiter für den Klimaschutz mit dem ersten Preis der "Klima-Expo NRW" ausgezeichnet wurde.
Noch ist das Fertigungsvolumen überschaubar, aber das Unternehmen will schon bald ein größeres Rad drehen. Nach dem Start der Serienfertigung folgt die Massenproduktion. Dort, wo einst Schienenfahrzeuge der Firma Talbot hergestellt wurden, laufen heute Streetscooter vom Band. Derzeit baut die Post die Kapazität aus - von 2017 an will sie jährlich 10.000 Elektrotransporter bauen, heißt es in Aachen. Ende des Jahres sollen rund 2.000 Streetscooter im Einsatz sein. Danach geht es Schlag auf Schlag. "Im Moment brauchen wir die Produktionskapazitäten für uns selbst", hatte Gerdes kürzlich gesagt und deutete damit an, wohin die Reise geht. Geschäftskunden im In- und Ausland sind potenzielle Abnehmer.
Interesse von Firmen und Kommunen
Interessiert zeigten sich bereits Firmen, aber auch Kommunen, die ihre städtischen Fahrzeugflotten umstellen und die wachsende CO2-Belastung in den Innenstädten reduzieren wollen. «Derzeit prüfen wir einige Rahmenkonditionen wie die Garantiebedingungen», verriet Gerdes unlängst dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Dass der Streetscooter so viel Erfolg hat, wohingegen die Autobauer mit Elektromobilität nur schleppend voran kommen, hat vor allem einen Grund: Die Post benötigte einen einfachen, preiswerten und funktionalen E-Lieferwagen, ohne viel Schnickschnack und Design. Während Gerdes bei den Autobauern auf taube Ohren stieß, wurde er beim Start-up Streetscooter in Aachen fündig. Gemeinsam mit Instituten der Uni RWTH entwickelten die Firmengründer Achim Kampker und Günther Schuh dann Elektrofahrzeuge nach den Vorgaben der Post. Vor zwei Jahren übernahm das Unternehmen die Streetscooter GmbH vollständig.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks lobt die E-Autos der Post: "Gerade der Wirtschaftsverkehr findet in den Städten statt und wird sich in Zukunft noch ausweiten", sagt die SPD-Politikerin, die sich am Dienstag auch auf dem Testgelände in Aachen umsieht. "Und gerade brauchen wir die Entlastung unter dem Gesichtspunkt von Umwelt und Gesundheit."
In der Paketzustellung ist aber auch die Konkurrenz mit E-Fahrzeugen am Ball - ob UPS, Hermes oder DPD. Doch keiner tüftelt so intensiv wie die Post an Eigenentwicklungen. Sie setzen vielmehr auf Partner der Autobranche. Über eine Testphase mit E-Fahrzeugen der Autohersteller sei die Zustellung bisher aber noch nicht hinaus gekommen, heißt es beim Paketdienstleister DPD. Es mangelt vor allem an eines: an passenden Fahrzeugen.
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