Von Michael Specht/SP-X
Streng genommen ist der Ateca kein Spanier sondern ein Tscheche. Seat lässt sein erstes SUV nämlich bei der Konzernschwester Skoda in Tschechien bauen. Dem Kunden dürfte dies letztlich egal sein. Die Qualität stimmt hier ebenso. Vielmehr freut er sich, dass die sportlich-spanische Marke überhaupt ein SUV im Programm hat. Lange genug hat es ja gedauert.
Wie gut diese Autogattung zu Seat passt, zeigt allein schon die Anzahl der Vorabbestellungen, denn erst am 2. Juli rollen die ersten Ateca zum Händler. Nie zuvor in der Firmengeschichte von Seat Deutschland haben mehr als 5.000 Kunden bereits "blind" bestellt, das heißt, gekauft, ohne den Wagen auch nur einen Meter bewegt zu haben. Das zeugt von viel Vertrauen in den Hersteller, einerseits. Und, mittlerweile weiß fast ein jeder: Seat bedient sich aus dem technischen Baukastensystem des Volkswagen-Konzerns. Mit anderen Worten: In jedem Ateca fährt auch ein Stück Golf oder Polo mit.
Optisch zeigt sich der stolze Spanier betont kantig, ganz nach Art des Hauses, und erinnert in der Linienführung an den Léon. Als Besonderheit ließen sich die Designer LED-Tagfahrleuchten einfallen, die auch gleichzeitig die Funktion des Blinkers übernehmen. Und als sogenanntes "Welcome-Light", schickt ein Lichtspot unter dem Außenspiegel Signatur und Namen des Autos auf den Straßenbelag, sobald man die Türen entriegelt hat.
Hauptkonkurrent ist der Nissan Qashqai
Mit 4,36 Metern ist der Ateca – der Name entstammt einer spanischen Stadt – so groß wie die erste Tiguan-Generation und will vor allem der asiatischen und französischen Konkurrenz Paroli bieten. "Wir zielen hauptsächlich auf den Nissan Qashqai", sagt Ulrich Selzer, bei Seat zuständig für den weltweiten Vertrieb. Ein Grund auch, warum der Preis des kompakten Spaniers bei 19.990 Euro beginnt.
Die Basis allerdings werden sich die wenigsten Kunden leisten. Karge Kassenmodelle sind unbeliebt. Schon bei den Vorbestellungen kristallisierte sich heraus, dass 70 Prozent der Kunden zur besten Version "Xcellence" griff. Motto: Wenn schon, denn schon. Erwähnt sei der Einstiegs-Ateca dennoch, der erst zum Jahresende verfügbar ist. Unter seiner Haube werkelt ein kleiner Dreizylinder-Benziner mit 115 PS, den Seat Entwicklungschef Matthias Rabe ohne flaues Gefühl im Magen freigegeben hat. "Der kleine TSI ist mit dem Ateca in keiner Weise überfordert", so Rabe.
Dennoch, die beste Empfehlung für den Ateca lautet: 1.4 TSI mit 110 kW / 150 PS zum Preis von 24.700 Euro. Der Vierzylinder-Turbobenziner passt hervorragend, entwickelt sein maximales Drehmoment von 250 Newtonmeter sogar genauso früh (1.500/min) wie der gleichkräftige, aber wesentlich teurere 1,6-Liter-Diesel (ab 26.210 Euro) und läuft insgesamt ruhiger und geschmeidiger als der Selbstzünder. Und der Normverbrauch liegt mit 5,3 Liter nur unwesentlich (0,1 Liter) über dem des Dreizylinders. Eher für Viel- und Langstreckenfahrer gedacht ist das Diesel-Topmodell 2.0 TDI mit entweder 150 oder gar 190 PS, das sich preislich (ab 27.560 Euro) allerdings schon recht weit von der Basis entfernt. Allradantrieb und das Doppelkupplungsgetriebe kosten nochmals 1.700 Euro beziehungsweise 1.800 Euro extra.
Leichtbau und Agilität
Es überrascht nicht, wie präzise, locker und leicht sich der Ateca bewegen lässt. Denn die technische Grundlage bildet die MQB-A1-Plattform von VW und bei der Entwicklung wurde besonderen Wert auf Leichtbau und Agilität gelegt. "Kein Wettbewerber im Vergleich fährt sich handlicher", versichert Chefentwickler Rabe. Sehr angenehm ist zudem das niedrige Geräuschniveau.
Auch beim Innenraum weiß man, woher der Ateca im Ursprung stammt. Das Cockpit ist im VW-typischen Layout neigt sich dem Fahrer zu, ist funktional, übersichtlich und ohne Firlefanz. Einziges Gimmick: Die rote Schrift auf dem Starterknopf pulsiert, sobald man ins Auto einsteigt. Auf das vor knapp zwei Jahren im Audi TT eingeführte virtuelle Cockpit, wie es jetzt auch im Audi A3 und demnächst im Golf Einzug hält, müssen Ateca-Anwärter verzichten. Es bleibt bei klassischen Rundinstrumenten mit realen Ziffern und Zeigern.
Sitzposition und Raumgefühl geben keinen Anlass zu Kritik. Auch hinten sind Erwachsene ordentlich untergebracht. Eine verschiebbare Rücksitzbank wie im neuen Tiguan gibt es nicht. Dafür können die Lehnen vom Kofferraum aus flachgelegt werden, schaffen so bis zu 1604 Liter Ladevolumen. Das ist mehr als der neue Volvo-Kombi V90 zu bieten hat. Bei aufgestellten Lehnen sind es recht üppige 510 Liter. Allerdings nur bei der Frontantriebsvariante. Die Allradversion büßt 25 Liter ein. Optional steht eine elektrische Heckklappe mit Gestensteuerung zur Verfügung. Sie lässt sich mit einem Fußschwenk nicht nur berührungslos öffnen, sondern auch wieder schließen. "Zudem haben wir die niedrigste Ladekante im Segment", sagt Entwicklungschef Rabe.
In Sachen Konnektivität bedient sich Seat aus dem Modularen Infotainment Baukasten der zweiten Generation. Sämtliche Smartphone-Betriebssysteme lassen sich problemlos mit dem Auto verknüpfen. Außerdem gibt es eine kabellose Ladeschale fürs Handy. Auch bei den Assistenzsystemen fährt der Ateca auf Höhe der Zeit. Im Stopp & Go-Verkehr bremst und lenkt der Wagen selbstständig. Allerdings funktioniert die Sache nicht mit manuellem Getriebe, sondern nur mit DSG. Neu ist der Notfallassistent. Hier hält das Auto automatisch an und bleibt in der Spur, falls der Fahrer ohnmächtig wird. Und wer keine Lust mehr hat, selbst einzuparken, auch dies regelt die Elektronik. Seats jüngste Schöpfung ist nicht nur das erste SUV des Hauses, sondern auch das erste Modell, das selbstständig in die Lücke setzt – längs wie quer zur Fahrbahn.