Von Michael Gebhardt/SP-x
Autonomes Fahren war in den letzten Jahren der große Trend auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Doch inzwischen, so scheint es, ist die Automatisierung schon zum Standard geworden. Dass die Technik – unter gewissen Rahmenbedingungen – funktioniert, ist inzwischen zur Genüge demonstriert. Das heißt: Auf der Autobahn gerade ausfahren, selbstständig die Spur wechseln oder Einparken ist kein Hexenwerk mehr. Das hat BMW in der Spielerstadt ein weiteres Mal mit dem neuen 5er demonstriert, Audi lässt eine ganze Q7-Flotte selbstständig einen Hütchenparcours umrunden und auf dem Ford-Stand debütierte die jüngste Ausbaustufe des automatisierten US-Mondeos namens Fusion – zusammen mit dem Bekenntnis, ab 2021 ein selbstfahrendes Auto auf den Markt bringen zu wollen. Ohne Lenkrad und Pedale, wohl gemerkt, das im Shuttle-Betrieb seinen Dienst tun soll! Beim Zeitplan orientiert sich Ford dabei an BMW, wobei deren schon vor einiger Zeit angekündigter iNext auf jeden Fall auch vom Fahrer gesteuert werden kann.
Um solche Pläne zu verwirklichen und die aktuellen Prototypen in wenigen Jahren im Serienbetrieb auf die Straße entlassen zu können, muss die Technik zwar noch etwas verfeinert werden: Noch bessere Sensoren, die Hochleistungsrechner müssen noch etwas kleiner werden und es braucht noch mehr fein auflösende Karten. Außerdem muss der Gesetzgeber mitspielen und es dem (Teilzeit-)Fahrer gestatten, die Hände für einen längeren Zeitraum vom Steuer zu nehmen. Doch schon jetzt gehen die Überlegungen einen Schritt weiter. Bei den Zulieferern etwa geht es nicht mehr nur darum, wie man ein Auto überhaupt dazu bringt, alleine zu fahren, sondern wie man diese Technik als "Komplettpaket" einem Hersteller anbieten kann. Delphi etwa geht davon aus, dass es in Zukunft eine Handvoll autonomer Plattformen geben wird, die die Autobauer, ähnlich wie Scheinwerfer, Sitze oder Navigationssysteme, bei den Zulieferern ordern können. Einen großen Entwicklungsdruck erwartet Delphi dabei von Seiten der Nutzfahrzeugbranche: "Hier steckt ganz klar ein finanzieller Vorteil dahinter. Während es für den Privatmann vielleicht angenehm ist, nicht selbst fahren zu müssen, können kommerzielle Nutzer wie Spediteure, Kurierdienste oder auch die Stadtreinigung damit bares Geld sparen", so CEO Kevin Clark.
Aber auch die Autobauer selbst machen sich Gedanken über die Zeit, da der ehemalige Fahrer zum Passagier wird. Der soll die neu gewonnene Freizeit schließlich bestmöglich nutzen können. Ganz weit oben steht dabei die Verlagerung des Büros ins Auto. Ohne das lästige Lenken hat man Kopf und Hände frei, um Termine zu koordinieren, Emails zu schreiben oder noch schnell die Agenda des nächsten Meetings durchzugehen. Aber auch das Vergnügen soll nicht zu kurz kommen. BMW kann sich zum Beispiel vorstellen, dass man zuhause anfängt, einen Film anzuschauen, und das im Wagen fortsetzt. Sobald das Auto erkennt, dass der Film auf einem Tablet gestartet wird, könnten dann automatisch die Sonnenblenden hochgefahren und die Lichter gedimmt werden.
Nutzen könnte man die freie Zeit aber auch, um zum Beispiel bei Amazon einzukaufen. Geht es nach Vorstellung der BMW-Ingenieure, könnte der Sofort-Lieferservice Amazon Prime Now, der Pakete binnen weniger Stunden zustellt, mit dem Auto vernetzt werden. Der Computer kann dann für spontane Bestellungen einen Treffpunkt entlang der eigenen Route errechnen, an dem das Paket nur kurz nach dem Platzieren der Order nach der von McDonalds und Co. bekannten Drive-Through-Methode ins Auto gereicht wird. So lässt sich vielleicht in letzter Minute noch ein Ehekrach verhindern, wenn Mann auf dem Weg zum Dinner einfällt, dass er das Geschenk zum Hochzeitstag vergessen hat.