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Autofahrer: Müssen Senioren bald regelmäßig zum Test?

24.01.2017 09:04 Uhr
Senioren am Steuer
Beim Verkehrsgerichtstag wird über verbindliche Gesundheitstests für Senioren diskutiert.
© Foto: DVR

Weniger sehen, schlechter hören, langsamer reagieren: Die Voraussetzungen für das Autofahren werden im Alter nicht besser. Beim Verkehrsgerichtstag wird deshalb über verbindliche Gesundheitstests für Senioren diskutiert.

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Von Matthias Brunnert, dpa

Ein Autofahrer (88) verwechselt beim Rangieren Vorwärts- und Rückwärtsgang und gibt Gas. Der Wagen prallt gegen einen Baum, dann gegen einen Zaun: 12.000 Euro Sachschaden. Der Senior bleibt zwar unverletzt. Doch sein Schrecken ist so groß, dass er den Polizisten, die den Unfall Mitte Januar in Braunschweig aufnehmen, den Führerschein in die Hand drückt. Selbst fahren will der Mann künftig nicht mehr.

Zu solchen Unfällen, wie ihn der 88-Jährige verursacht hat, müsse es nicht kommen, sagen Verkehrsjuristen. Senioren, die Auto fahren wollen, sollten sich künftig regelmäßig medizinisch auf ihre Fahreignung testen lassen, fordert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). "Spätestens ab dem 75. Lebensjahr sollen Untersuchungen verpflichtend sein", sagte DAV-Fachanwalt Christian Funk vor Beginn des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstags. Der Kongress will sich ab Donnerstag mit dem Thema "Senioren im Straßenverkehr" befassen.

"Bei den Tests muss die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr ähnlich wie beim Führerscheinerwerb von neutralen Stellen überprüft werden", sagte Funk. Denn die Gefahr, schwer oder gar tödlich verletzt zu werden, steige mit dem Alter. Senioren seien dabei nicht nur ein Risiko für sich selbst, sagte Funk. Jeder zweite Geisterfahrer sei älter als 65. "Senioren sind insofern auch ein Risiko für andere."

In einigen europäischen Staaten, wie Norwegen, Schweden oder den Niederlanden, seien ärztliche Untersuchungen deshalb für Autofahrer ab 70 längst Pflicht, erläuterte der Verkehrsjurist. In Spanien müsse man sogar schon ab 45 zum Gesundheitstest.

Im Jahr 2015 haben - auch ohne jeden Test - fast 9.500 Bundesbürger jenseits des 75. Geburtstags ihre Fahrerlaubnis freiwillig zurückgegeben, weil sie sich nicht mehr fit für den Verkehr fühlten. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Gruppe der autofahrenden Senioren aufgrund der allgemeinen demografischen Entwicklung ständig wächst.

Unfällen von Senioren werden zunehmen

"Die Zahl von Unfällen, die von Senioren verursacht werden, wird zunehmen, und auch die Zahl der verletzten Senioren wird steigen", prophezeit Matthias Knobloch vom Auto Club Europa ACE. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV) verursachen Senioren über 75 schon heute drei von vier Unfällen, in die sie verwickelt sind. "Die Quote liegt damit höher als in der Hochrisikogruppe der jungen Fahrer", sagte GDV-Unfallforscher Siegfried Brockmann.

Weil freiwillige Maßnahmen zumeist an der mangelnden Selbstreflexion älterer Autofahrer scheiterten, schlägt der GDV eine verpflichtende Fahrt gemeinsam mit einem Fahrlehrer vor. "Deren Ergebnis sollte zwar unter vier Augen bleiben", sagte Brockmann. Stellten sich Defizite heraus, sollte der Fahrlehrer aber darauf aufmerksam machen und im Zweifel zur Abgabe des Führerscheins raten.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat setzt auf freiwillige Beratungs- und Trainingsangebote. Auch die Autoclubs halten wenig von gesetzlichen Vorschriften eigens für Ältere. Bei Fahreignungsprüfungen bestehe nämlich die Gefahr, dass die Ergebnisse nicht realistisch widerspiegelten, ob jemand noch fahren könne, sagte ADAC-Expertin Barbara Reeh. Der ADAC bevorzuge regelmäßige und freiwillige ärztliche Untersuchungen. Denn im vertraulichen Arztgespräch könne am besten geklärt werden, ob aus etwaigen Alterserscheinungen Konsequenzen gezogen werden müssen, sagte Reeh.

Alle zwei Jahre zum Arzt?

Der Automobilclub von Deutschland (AvD) setzt ebenfalls auf freiwillige Hör-, Seh- und Reaktionstests. Senioren sollten alle zwei Jahre zum Arzt gehen und regelmäßig sogenannte Coaching-Fahrten absolvieren, fordert der ACE. Das könne helfen, altersbedingte Defizite beim Autofahren zu erkennen und zu beheben.

Verkehrsgerichtstags-Präsident Kay Nehm (75) appellierte an die Senioren, ihre Defizite zu erkennen und im Zweifel etwa auf Nachtfahrten zu verzichten oder nur noch vertraute Strecken zu nutzen. "Pflichtuntersuchungen für alle bringen dagegen erhebliche Einschränkungen ohne adäquaten Sicherheitsgewinn", sagte Nehm. Weil Eigenkontrolle und Einsicht in höherem Alter aber oft problematisch seien, bringt Nehm "eine vorsichtige Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht" ins Spiel. Mediziner dürften dann die Behörden verständigen, "wenn absolut fahruntüchtige Patienten nicht zu überzeugen sind", den Führerschein abzugeben, sagte der frühere Generalbundesanwalt.

Vielleicht ließe sich mach uneinsichtiger Senior leichter darauf ein, den Führerschein freiwillig abzugeben, wenn ein Vorschlag der Deutschen Polizeigewerkschaft umgesetzt würde: Sie fordert, dass alle Menschen über 75 den öffentlichen Personennahverkehrs kostenlos nutzen können.

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KOMMENTARE


Rudi S.

24.01.2017 - 14:52 Uhr

So, so....der ADAC bevorzugt regelmäßige und freiwillige ärztliche Tests. Dazu hat er sicher 200.000 Mitglieder befragt (Zynismus aus!). Bedenkt hier irgendwer eigentlich auch die Kosten solcher Massnahmen?


RM

24.01.2017 - 17:37 Uhr

@Rudi S.: Und wen interessieren die Kosten, wenn dadurch gefährliche Überholmanöver oder abrupte Bremsunfälle verhindert werden können und so auch potenzielle Verkehrstote vermieden? Reichlich kurz gedacht. Sehe nichts schlechtes an wiederkehrenden Fahrtauglichkeitstests.


Olaf K.

24.01.2017 - 19:45 Uhr

Es geht doch wohl kaum um die Kosten solcher Untersuchungen, zumal das Ergebnis im negativen Fall viele Leben retten kann. Da fährt der Senior einen Tag vor seinem Hirntod infolge Schlaganfall nochmal schnell 600 km über Autobahnen. Übertrieben? Beileibe nicht, es war mein Vater.


hwb

24.01.2017 - 21:21 Uhr

Im Jahr 2015 haben - auch ohne jeden Test - fast 9.500 Bundesbürger jenseits des 75. Geburtstags ihre Fahrerlaubnis freiwillig zurückgegeben. Leider keine repräsentative Aussage, zeigt sie jedoch, dass eigenverantwortliche und selbstbestimmte Entscheidung bei älteren durchaus vorhanden ist. Wenn auf diese vorgeschlagenen Weise ältere aus der Teilnahme am Straßenverkehr herausgemoppt werden, können ja bald schon 13 Jährige Auto fahren, da die Straßen wieder (von Alten bereinigt) geringer belastet werden (siehe Überlegungen zum Fahren mit 16). Es sei allen gegönnt, die heute diese Vorschläge machen, auch das Alter zu erreichen, das Sie die Folgen Ihrer Vorschläge noch auskosten können. Keiner redet über die Kosten, die solche Vorschläge für ältere Autofahrer verursachen und welchen Stress solche "Kontrollfahrten" für ältere Menschen bedeutet, wenn sie noch auf das Auto angewiesen sind (z.B. Partner im Pflegeheim). Bei den heutigen Renten ist es schon schwierig, bei den zukünftigen Renten schier unmöglich statt des Autos auf Alternativen auszuweichen. Aber Rentner haben keine Lobbyisten, die in dieser "Lobbyisten gesteuerten Politikwirtschaft" aktiv werden könnten.


egon samu

25.01.2017 - 08:52 Uhr

Es gibt in den meisten Ländern in Europa seit vielen Jahrzehnten bereits verpflichtende medizinische Überprüfungen der Fahrtauglichkeit. Meist sind sie nach privat, Berufskraftfahrer und Omnibus ab x Personen und nach Alter gestaffelt. Mit versäumter Gesundheitsprüfung wird der Führerschein automatisch ungültig . Wer wegen der Kosten mäckert soll bitte sagen, wieviel ein Menschenleben, sein Eigenes für ihn wert ist. Doch bitte zeitnah, bevor er von einem halbblinden, tauben und verkalkten 90-jährigen platt gefahren wird.Ich finde es total irre, wenn gegen diese nachweislich sicherheitsfördende Maßnahme gewettert wird, gegen offene Grenzen und unkontrollierte Einreisen von Kriminellen jedoch nicht. Das gibt es nur in Deutschland...


James

25.01.2017 - 10:52 Uhr

Ich denke ein ärztliches Attest (Sehtest, Reaktiosnvermögen) alle 2 Jahre ab 60 sollte nicht die Welt kosten, unter 100€ geht das auf jeden Fall, wenn man einen Dienstwagen bekommt, sicher sich auch der Arbeitgeber oft durch genau diese Tests ab. Es gibt kein Recht darauf selber am Steuer mobil zu sein, wenn man dazu nicht (mehr) in der Lage ist - genau aus dem Grund ist es auch nicht erlaubt unter Drogeneinfluss oder Medikamenten ein Fahrzeug zu führen.


DR. GAARDEN

25.01.2017 - 21:29 Uhr

In Norwegen


AF

27.01.2017 - 12:23 Uhr

@hwb: genau so sieht es aus! @egon samu: lern' erst mal deutsch! @James: denk' mal eine Sekunde drüber nach, dass DICH das auch trifft, wenn Du erst mal 60 bist.Und dann überlege, was es für Dich bedeuten würde, wenn sie Dir die Karre wegnehmen! Ihr denkt wirklich alle gerade von der Tapete bis zur Wand! Und auf der anderen Seite sollen dann 16-jährige über die Straße hämmern....Tolle Aussichten!


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