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Automobil: Als Neidfaktor passé

30.08.2011 14:58 Uhr
Immer weniger Menschen in Deutschland träumen von einem eigenen Auto.
© Foto: © Pavel Losevsky - Fotolia.com

Mensch und Auto – jahrzehntelang war diese Liaison in Deutschland so innig wie in keinem anderen Land. Doch die Macht des Statussymbols bröckelt unter dem Druck neuer Konkurrenz.

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Das wichtigste Statussymbol überhaupt hat vier Räder und viele PS. Das zumindest galt hierzulande lange Zeit. "Die Menschen und das Automobil, das ist hier so tief ineinander verankert wie nirgends auf der Welt", sagt Peter Kruse vom Beratungsunternehmen Nextpractice in Bremen. Doch ausgerechnet in Deutschland fehlt es dem Image von Autos immer mehr an Glanz. "Das Auto scheint für viele Menschen so ein austauschbares Produkt zu werden wie der Kühlschrank", so Wirtschaftswissenschaftler Alfred Kuß von der FU Berlin. "Mit einem Porsche kann man doch niemanden mehr beeindrucken, zumindest in den meisten Milieus."

Die Verkaufszahlen zeigen: Vor allem jüngere Menschen greifen gern zum statusneutralen, soliden Kleinwagen – oder verzichten gleich ganz auf ein eigenes Auto. "Die Mittelklasse ist die neue Oberklasse", sagt Kruse. "Status ist im Bereich Auto kein gewollter Wert mehr." Bei den Kleinwagen gebe es einen wachsenden Premium-Bereich – dort ende der Ehrgeiz vieler potenzieller Käufer.

Es werde immer Menschen geben, für die das Auto ein Fetisch sei, sagt Andreas Pogoda von der Brandmeyer Markenberatung in Hamburg. "Wir leben im Epizentrum der Autoverliebtheit." Doch daneben entstehe seit 10, 15 Jahren Überraschendes: "So eine gewisse Gewinn-aus-Verzicht-Mentalität. Die Möglichkeit, bewusst nicht mitzumachen, bewusst kein Auto zu kaufen." Er sehe dies als andauernde Entwicklung. "Das System Auto muss aufpassen, dass die Anzahl der Verweigerer nicht immer mehr wächst."

Schleichender Liebesentzug

Dem "liebsten Kind" vieler Deutscher wurde in den vergangenen Jahren vor allem eines entzogen: die Liebe. Das Fahren im eigenen Auto sei für viele Jugendliche nicht mehr das Größte, auf neue Modelle werde nicht mehr hingefiebert, Auto-Kartenspiele seien nicht mehr das Nonplusultra für Jungs, sagt Kruse. Immer öfter seien beim Kauf eines Autos kaum mehr Emotionen im Spiel. Befragungen zeigten: "Mit einem geilen Badezimmer macht man oft mehr Furore als mit dem Auto".

Doch gerade die Emotionen sind es, die Gewinne sprudeln lassen. "Man muss verliebt sein, um etwas auf Pump zu kaufen", sagt Kruse. "Wenn etwas emotional besetzt ist, guck' ich nicht aufs Geld", betont auch Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen. Dies gelte bei vielen Menschen für den Urlaub, aber auch für Kleidung oder gesunde Lebensmittel. Das Auto dagegen verliere im Reigen der Statussymbole an Glanz. Einige Firmen versuchten mit "erinnernder Werbung", die Emotionen wieder aufleben zu lassen – nach dem Motto "War's nicht früher schön, und immer mit DER Automarke", so Kruse. "Das reicht aber nicht."

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KOMMENTARE


Ralf Senkmann

30.08.2011 - 19:15 Uhr

Vielleicht ist es einfach nur so, daß Entwicklungsingenieure zu technikverliebt, Marketingexperten zu marktfern und Herstellerchefs zu Aktienkursorientiert sind. ALL diesen Menschen würde es helfen, wenn sie zweimal jährlich ein 14tägiges Praktikum an der Basis absolvieren würden. Mit Ohr an Masse - und zwar an der direkten Masse (nicht durch gepimpte Telefonumfragen) erfährt man Kundenwünsche. Und da sind durchaus noch Emotionen, da sind nicht nur ökologische Wünsche, das sind pragmatische und ökonomische Wünsche. Im übrigen empfehle ich so ein Praktikum auch und gerade "Experten", die ihre Meinung ändern, wie die Börse täglich den Dollarkurs.


E:kühlwetter (wallibelli)

30.08.2011 - 20:45 Uhr

Jede Epoche hat ihre Glaubenssätze, ihre Helden, ihre Mythen, ihre Fetische, ihre Neidfaktoren. Jede Epoche hat auch einen Lebenszyklus, der zu Ende geht. Das ist der Lauf der Zeit. Das Auto wird bleiben, solange es Menschen nützt. Der emotonale Mehr- und Statuswert hat sich überlebt. Weil für die jüngeren Generationen der Triade nicht mehr grenzenloses Wachstum, ungehemmter Konsum, vordergründiger Status bzw. götzenhafter Materialismus im Zenrum der Glaubenssätze steht. Man hat das Rad im wahrsten Sinn "sinnlos" überdreht. Wie sonst werden aus ehemals ehrenwerten Bankiers gierige Bankster?


A. Hosseini

31.08.2011 - 07:37 Uhr

Liebe Redakteure, Liebe Experten, vielen Dank für die sehr ausführliche und kritische Analyse im Bezug auf Automobil in Zukunft. Bei allem Respekt vor Ihren Ausfuehrungen, vermag ich Ihre ganzen Feststellungen nur mit einem Satz zu kommentieren. " Der Prophet ist in seinem eigenen Land nichts wert "


A. Hosseini

31.08.2011 - 07:43 Uhr

Die Deutschen haben sovieles erfunden. Die sparsamen Diesel- und Benzinmotoren, die geschlossenen Diesel-Partikel-Systeme ohne Adeptiven, 3 L Lupo mit Start und stop, um nur einige zu nennen. Die Verbrauchet wissen das und honorieren es mit Rekord-Absatzzahlen. Nur die Experten, meinen immer die deutschen Produkte schlecht machen zumuessen. Die Deutschen waren, sind und werden immer die Besten bleiben . MfG AH


Alexander

31.08.2011 - 09:58 Uhr

Fußgängerschutz ist sehr wichtig, jedoch interessiert mich als Fahrer mehr mein eigener Schutz. Da scheint mir eine Abgrenzung sehr wichtig. Was bringt mir ein super Fußgängerschutz, wenn die passiven Systeme nicht gut genug funktionieren?!


Gerd Wohlfahrt

31.08.2011 - 12:02 Uhr

Die Generationen in den 1950 und 1960er Jahren freuten sich auf Ihr Auto oder Statussymbol... Die Generationen in den 1970er und 1980er Jahren kauften, pflegten und fuhren Ihr Auto oder Statussymbol... Und ein überwiegender Teil der Generationen ab 1990 können sich, spätestens seit der Euro-Einführung, ein persönlich zusammengestelltes und per Barkauf oder Kredit finanziertes Auto nicht mehr leisten. Die Mietobjekte oder neudeutsch: "Leasing" tun Ihr übriges dazu. Der Wert, den der Eigentümer einer selbst gekauften Sache zumißt, wird immer größer sein als wenn es sich um ein ausgeliehenes Objekt handelt! Dazu kommt ein überbordernde Technisierung und Features, die dem Kunden als teures "Must have" verkauft werden sollen, welche aber mit dem eigentlichen Fahrvergnügen wenig zu tun haben... Zeit für Emotionen...


E.Kühlwetter (wallibelli)

31.08.2011 - 14:03 Uhr

Einige Fakten, die man nicht wegdiskutieren kann: -Rückgang der PKW-Führerscheinanmeldungen bei Personen bis 24 Jahre von 2007 bis 2010: 11% bei Männern, 10% bei Frauen. -1990 hatten 91 % unter 26 Jahre einen PKW-Führerschein, 2008 nur noch 75,5 %. -1999 kauften noch 17 % aller PKW- Führerscheininhaber unter 30 Jahren ein neues Auto. 2009 waren es nur noch 7 %. -Die jährliche PKW - Kilomterleistung hat sich bei den 20-30- Jährigen lt. Mobilitätspanel (regelmäßige repräsentative Befragung seit 1994 über Möbiltätsverhalten bei 1000 reräsentativen Bürgern mit Auto) seit 2001 Jahren um 2500 km reduziert. Der Rückgang in den Städten ist in allen Bereichen wesentlich stärker als auf dem Lande. Dafür hat sich in Städten der mit dem Fahrrad zurückgelegte Steckenanteil verdoppelt. Das Mobiltätsverhalten wird multimodaler. Die Dominanz des Autos sinkt - auch aus Kostengründen. Ein eigenes Auto für ein paar tausend Kilometer pro Jahr ist unwirtschaftlich, erst recht wenn kein günstiger Stellplatz verfügbar ist. Zudem wollen jüngere Leute lt. diesem Panel lieber relaxend in der Bahn oder demnächst auch Fernbussen mit moderen Kommunikationsmitteln surfen und kommunizieren als im Auto gestresst und beengt selbst zu fahren. Wozu soll ich wie früher mit zwei Mann 200 bis 500 km zu Bundesliga - Auswärtsspielen fahren, wenn mich der der ICE oder Fanbus für wenige Zehner ungestresst hin- und zurückbringt? Es gibt keinen Grund, nicht umzusteigen, wenn man nichts anderes vorhat!


Thomas O

31.08.2011 - 14:19 Uhr

Nun sollte man sich mal fragen, warum die PS-Stärke so begehrenswert war. Sie war verbunden mit Emotionen! Jeder Fahrzeugtyp hatte ein eigenes markantes Design und einen eigenen Sound, der einem beim aufdrehen des Motors die Haare zu Berge stehen ließ. Drückt man aufs Gaspedal wird man langsam in den Sitz gepresst und die Landstraße wird zum Inbegriff der Freiheit. Heute sind wir alle viel umweltbewusster (was zum Teil auch nicht verkehrt ist). Aber aus diesem Grund tragen wir zur Zeit die Emotion beim Automobil zu Grabe! Und genau das ist der Grund für das Desinteresse! Wenn ich meine Freunde in einem Elektro-smart zur Probefahrt mitnehme, sind alle angenehm angetan von der "örtlichen Emissionsfreiheit". Begeisterung für ein Produkt sieht aber anders aus. Setze ich die gleichen Personen in einen CLS 350 CDI mit AMG Sportpaket und führe eine Demonstration auf den Straßen des Schwarzwaldes durch... Was passiert? Sogar der größte Ökologe staunt und bekommt ein großes Grinsen im Gesicht! Am Ende des Vergleichs fragt keiner mehr nach dem Elektroantrieb... Hinzu kommen die Designprobleme... Früher hatte jedes Fahrzeug seinen eigenen Stil und heute ist es ein runder Einheitsbrei! Ganz schlimm ist es bei den Einheitsfronten von VW und Audi. Man kann hier sicherlich betriebswirtschaftlich viel sparen, nur spart man so auch an Individualität und Emotion. Mercedes-Benz bekam ein super Feedback für die Vision-A doch die Realität wird auch wieder aus dem Einheitsbrei stammen und streng konservativ an BMW 1er und Audi A3 angelehnt. Einfach traurig! Kein Mut und keine Emotion... Ja wer will denn so was besitzen? Bleibt die Frage: Muss denn die Zukunft des Automobils rein technisch effizient sein? Ohne Emotionen und ohne Leben? Wenn ja: wie soll diese denn Begehrlichkeiten wecken?


A.R.Beyer

31.08.2011 - 17:52 Uhr

Was erwartet man denn, von einem Objekt, dass den Ölmultis und der Politik nur noch als Abzocker seiner Nutzer in allen Lebenslagen vorsieht ? Es wird einem jeden Tag vorgebetet, wer Auto fährt verpestet die Umwelt, gefährdet seine Mitmenschen, sorgt für Staus, ist für Bewegungsmangel und Dekadenz und damit persönliche Überfettung, er ist unmodern und rückwärts orientiert. Und wer am Automobil auch noch Spass hat ist besonders altmodisch, denn er braucht noch viel mehr Sprit und gefährtdet seine Mitmenschen noch mehr als die Masse, die es ohne Spass bewegen, nur um damit zur Arbeit zu fahren. Auch hat er den Schuss der Moderne noch nicht gehört. Also für solch ein Objekt € 50.000.- und mehr auszugeben, ob sich das lohnt, damit die anderen sagen werden, so ein Protzer und Umweltzerstörer. Besser die Kohle in eine moderne Heizung stecken, da bekommt man die Anerkennung seiner Mitbürger und spart noch Geld.


T. Meier

01.09.2011 - 09:21 Uhr

Aus Herstellersicht läuft doch alles perfekt. Super Zahlen (u.a. die besten überhaupt), lange Lieferzeiten und steigender Umsatz. Ob der deutsche Markt die Käufer verliert, ist global gesehen nicht wirklich relevant. Wachstum ist hier sowieso vorbei, andere Kontinente stellen den Zukunftsmarkt dar. Die 50T€ Anschaffung sind noch gar nicht die Problematik. Ernüchternd ist es v.a., wenn die Neuanschaffung nach 3 Jahren noch 20T€ bringt. Da ist es doch sehr verständlich, wenn ein aufgeklärter junger Mensch diese (sehr teure und unwirtschaftliche) Art der Mobilität nicht mehr wählt. Die deutschen Hersteller verhalten sich noch genau entgegen diesem Trend: Schneller, stärker, schwerer und teurer ist die Entwicklung.


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